Bei der internationalen Buchmesse LIBER 2011 im Oktober in Madrid wurde Rumänien als Gastland präsentiert. Im größten Ausstellungssaal Madrids, der IFEMA, wurden die neusten Publikationen, die wichtigsten literarischen Erfolge, Kunstalben oder Reiseführer Rumäniens vorgestellt. Übersetzungen aus dem Rumänischen ins Spanische, die kürzlich mit Hilfe des Rumänischen Kulturinstituts in Spanien erschienen sind, waren der Fokus der Buchmesse.
Zwei Begegnung mit mehreren rumänischen Autoren haben im Rahmen des Events große Beachtung gefunden. Im Kulturzentrum Círculo de Bellas Artes haben sich Ana Blandiana, Dan Lungu, Filip Florian, Adriana Babeţi, Adrian Oţoiu und Cezar Paul-Bădescu bei Rundtischgesprächen mit aktuellen Fragen der Literatur, Gesellschaft oder Geschichte beschäftigt.
Die Schriftsteller nahmen das Publikum durch ihre Direktheit, durch ihre Bekenntnisse ein. „Ich habe das ganze Leben auf den Moment gewartet, in dem mir ein Vers gesagt würde, der sich mit meiner Hilfe in ein Gedicht verwandelt“, lautete Blandianas Bekenntnis. „Ich habe angefangen, Prosa zu schreiben, weil ich eine professionelle Schriftstellerin werden wollte, die selbst schreibt, und nicht ständig darauf wartet, was von Gott kommt.“ In diesem Sinne wäre die Bezeichnung „professioneller Dichter“ ein „Nonsens“ für Blandiana.
Das Gespräch mit Blandiana, Lungu und Florian, deren Bücher kürzlich ins Spanische übersetzt und von den Kritikern bereits mit lobenden Rezensionen bedacht wurden, stand unter dem Motto „Angst vor Literatur“, eine Wortfügung, die von Ana Blandiana stammt und sich auf das „erschreckende“ Gefühl der Dichterin in dem Moment bezieht, als sie ihr ganzes poetisches Werk in einer Sammlung mit dem Titel „1966-2006: 40 Jahre Literatur“ sah.
„Wie viel davon war eigentlich Literatur?“ hat sich die Schriftstellerin gefragt und damit im Jahre 2006 Material für ein neues Buch gefunden („Spaima de literatură“, Humanitas, 2006).
Die Moderatorin des Gesprächs in Madrid, die Kritikerin Simona Sora, hat den Satz von Blandiana jedoch umgedeutet und den Autoren eine neue Frage gestellt: „Habe ich Angst, dass das, was ich schreibe, nicht immer gut genug ist, um Literatur zu werden?“ Alle drei haben mit Nein geantwortet, wobei der Soziologe Dan Lungu zugab, doch mit „kleinen Befürchtungen“ konfrontiert zu sein, da es in der Soziologie „einfach (sei) zu schreiben, aber schwer zu beweisen“. Lungus „exklusive Beichte“ hat das Publikum durch ihre schmerzhafte Ehrlichkeit beeindruckt: „Eine meiner größten Ängste ist es, Sklave meines eigenen Bildes zu werden“.
„Das Schreiben ist dem Illusionismus ähnlich“, meinte der Prosaautor Filip Florian, „in dem Sinne, dass es den Menschen eine gewisse Sensation bringt“, eine Idee, die sich auch mit der mythischen Dimension der Lektüre verknüpfen lässt. „In meiner Beziehung zum Schreiben habe ich nie Ängste erlebt; ich fühle mich ganz ruhig beim Schreiben, da es kein Risiko gibt“, schlussfolgerte Florian. Sein Roman „Die Tage des Königs“ („Zilele Regelui“, Editura Polirom, 2008), der die Epoche des Königs Karl I. wiedererstehen lässt, ist von der Kritik und den Teilnehmern der Buchmesse hoch geschätzt worden.
Gegen Ende des Gesprächs wurde über die Beziehung Literatur-Gesellschaft-Geschichte und über die Aufgaben der Kritiker heutzutage diskutiert. Die Polemik betraf die Rolle des Publikums beim Bestimmen des Wertes eines literarischen Produktes in der Zeit der Diktatur und der Zensur vor 1989. Der Abend klang aus mit einer bilingualen Lesung Rumänisch-Spanisch, bei der die Autoren in Tandem mit den Übersetzern und Übersetzerinnen aus ihren vor Kurzem in Spanien veröffentlichten Texten vorgelesen haben.