Selten hat das Publikum die Chance, einen der bekanntesten Dichter und Schriftsteller Rumäniens, der in Temeswar lebt, zu Gesicht zu bekommen. Immer seltener, weil er sich in seiner Zweizimmerwohnung verschanzt, wo er sich der Poesie, aber in den letzten Jahren auch der Malerei widmet. Dabei liebt er die Gesellschaft und wer zu seinem Freundeskreis gehört, der schafft es auch in die oberste Etage des Blocks, den er bewohnt. Tudor Creţu, der Direktor der Kreisbibliothek Temesch und Foarţăs ehemaliger Student, gehört zu den Auserlesenen, die den Weg in den Elfenbeinturm finden, schließlich hat er in diesem Jahr, das für Foarţă ein ganz besonderes wird – er feiert am 8. Juli seinen 75. Geburtstag – einen Film vorgestellt, den er Ende 2016 gedreht hat: „ŞerbAnno Domini“.
Mit diesem einstündigen Film startet das Projekt „Video Text“ an der Kreisbibliothek, die den Namen eines anderen Dichters und Freundes von Şerban Foarţă trägt – es handelt sich um den früh verstorbenen Temeswarer Dichter Sorin Titel. „Video Text“ ist eine Dokumentarreihe, die sich den lokalen Kulturpersönlichkeiten widmet. Damit will die Kreisbibliothek ein „Videoregal“ begründen. Die ersten drei Namen, denen man sich zugewandt hat, sind Adriana Babeţi, Şerban Foarţă und Ştefan Popa Popa’s. Am 16. Februar haben sich Freunde, ehemalige Kollegen und Leser der Gedichte von Şerban Foarţă in der Kunstabteilung der Kreisbibliothek in der Theresienbastei eingefunden, um der Filmprojektion beizuwohnen und sich die Wortspiele, die der Dichter so gerne macht, nicht entgehen zu lassen. Für „ŞerbAnno Domini“ hat Tudor Creţu Regie geführt, Bilddirektor war Gelu Şfaiţer, für den Schnitt war Mihai Lazăr zuständig.
Das Filmteam hatte als Kulisse die Wohnung des Dichters gewählt, Tudor Creţu stellte die Fragen – mehr Gespräch denn Interview. Dabei sollte Şerban Foarţă als Person dargestellt werden, um Poesie geht es nicht in dem Film, was manche aus dem Publikum bemängelt haben. Es geht um den Menschen, um verschiedene Etappen in seinem Leben, wie zum Beispiel als er der erste Theaterdirektor des Nationaltheaters nach der Wende war und das Amt bis 1991 innehatte, oder um seine Zeit als Professor an der Journalistik-Abteilung der West-Universität Temeswar. Er erinnert sich an verschiedene Persönlichkeiten aus dem Temeswarer Kulturleben, die er gekannt hat. So kam etwa die Frage: „Wie war Andrei Ujic˛ angezogen, als er zu dir kam, um über Phoenix zu sprechen?“, oder „Wie war Sorin Titel?“ Auch an Vasile Tudor Creţu, Tudors Vater, der ein bekannter Ethnologe gewesen ist, erinnert er sich. Einen gesprächigen und mit der Sprache spielenden Şerban Foarţă erleben die Zuschauer. In diesem Dokumentarfilm sitzt er nicht am Klavier wie in anderen ähnlichen Produktionen, aber die Bücherregale, die die Wände von Şerban Foarţăs Wohnung verdecken, haben auch dieses Filmteam angezogen; es ist auch schwierig, sich davon unbeeindruckt zu zeigen. Ansonsten wird das Leben des Dichters dem Zuschauer ungeschminkt präsentiert. Mit diesem Film hat die Kreisbibliothek ein Projekt begonnen, das wahrscheinlich auch weiterhin auf Interesse stoßen wird.