Das Schloss des Grafen Bethlen Balázs in Kallesdorf/Arcalia war im September der Veranstaltungsort für die zweite diesjährige Siebenbürgische Sommerakademie vom Deutschen Jugendverein Siebenbürgen (DJVS). Insgesamt 19 Teilnehmer und über ein Dutzend Dozenten arbeiteten zum Thema „Siebenbürgisches Kulturerbe – Schnee von gestern oder Brücke in die Zukunft?“ „Die Sommerakademie ist allerdings keine reine Kopfsache, sondern kombiniert Einstiegsreferate in die siebenbürgische Landeskunde mit volkskundlich-praktischen Seminaren sowie Exkursionen in die Umgebung“, erklärte Andrea Rost vom DJVS.
Nach einem Einführungsvortrag von Dr. Harald Roth zu dem Thema „Welterbe, Kulturerbe, Erblast – Wer erbt und wer schlägt aus? – Kulturelles Erbe vor dem Hintergrund des ethnischen und konfessionellen Wandels“ konnten die Teilnehmer beim Sachsentreffen in Bistritz/Bistrița lebendiges Kulturerbe betrachten. Dazu resümierte Yvonne Varvara-Baier: „Das Sachsentreffen mit seinem umfangreichen Programm erscheint mir eine gute Gelegenheit, um Freunde und Bekannte aus dem In- und Ausland wiederzusehen.“
Kallesdorf ist eine der ältesten Ortschaften im Kreis Bistritz-Nassod/Bistrița-Năsăud und liegt keine 20 Kilometer westlich der Kreisstadt Bistritz, am Rande der siebenbürgischen Tiefebene. Im Jahr 1673 ging das Dorf in den Besitz der Adelsfamilie Bánffy über und wurde schließlich von der Familie Bethlen geerbt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Gelände um das Schloss auf Wunsch des Grafen János Bethlen modernisiert und ein Park im englischen Stil angelegt. Béla Bethlen, ein Nachfolger der gräflichen Familie des János Bethlen, verwandelte das Anwesen zu Beginn des 19. Jahrhunderts in einen dendrologischen Park, der bis heute über 150 Spezies an Bäumen und Sträuchern beherbergt. Zu den exotischen Gehölzen gehören die amerikanische Eiche, der Schwarznussbaum, der Japanische Wildapfel oder der Tulpenbaum.
Die tatsächliche Seminararbeit begann dann am Sonntag, im Anschluss an das Sachsentreffen. Dabei sprachen unter anderem Dr. Remus Anghel zu dem Thema „Die Kraft der Struktur – oder wie und von wem wird das deutsche Kulturerbe heute mit Leben gefüllt“, Dr. Gerald Volkmer zu „Die Darstellung der deutschen Minderheiten in den Geschichtsschulbüchern Rumäniens nach dem Zweiten Weltkrieg“ und Thomas Șindilariu zu „Die Siebenbürger Sachsen und die Entstehung Großrumäniens 1918-1919“.
Die Teilnehmer lobten insbesondere das abwechslungsreiche Programm, „da wir neben den ganzen Vorträgen auch spannende Workshops hatten, wie zum Beispiel die siebenbürgisch-sächsische Möbelmalerei unter der Leitung von Zsolt Máthé, in dem wir selber malen durften“, erklärte Yvonne Varvara-Baier. Andrea Rost fügte dazu an, dass die Teilnehmer auch bei Pflegearbeiten auf dem Gelände geholfen haben.
Die Familie Bethlen musste ihr Anwesen und Rumänien 1947 verlassen. Ihr Schloss diente fortan als Geschäftsfläche und später als Fuhrpark für landwirtschaftliche Maschinen sowie als Ferienlager für Schüler. 1963 übernahm die Babeș-Bolyai-Universität die Verwaltung des Parks und richtete im Schloss ein Zentrum für biologische und geologische Forschungen ein. Heute stellt die Universität das Anwesen, welches auch über Schlafräume und eine Kantine verfügt, für wissenschaftliche Symposien, Tagungen und Seminare zur Verfügung.
Veranstaltet wurde die Sommerakademie vom DJVS in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde Heidelberg-Hermannstadt (AKSL) und dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas (IKGS). Finanzielle Unterstützung erhielt die Veranstaltung vom Freistaat Sachsen, dem Departement für Interethnische Beziehungen an der rumänischen Regierung, dem IKGS sowie vom Institut für Auslandsbeziehungen. Organisatorin Andrea Rost bedankte sich zum Abschluss bei allen Partnern sowie Förderern und zeigte sich glücklich, dass die Veranstaltung, die an die Tradition des Kreises von Studium Transylvanicum anknüpft, immer besser angenommen wird.