Als dritte im Bunde der Europäischen Kulturhauptstädte 2023 eröffnete Temeswar/Timișoara am Freitag das Kulturhauptstadtjahr mit einem Festakt in der Oper und einem Konzertabend am Domplatz, während in der gesamten Stadt allein am Eröffnungstag fast 50 Kulturveranstaltungen stattfanden. Kronprinzessin Margareta, der rumänische Ministerpräsident Nicolae Ciucă, Kulturminister Lucian Romașcanu, EU-Kommissarin Adina Vălean, Botschafter, Politiker und Kulturschaffende aus mehr als 50 Ländern wohnten der Galaveranstaltung in der Oper bei.
„In diesem Europa, das seinen Weg in diesem komplexen Jahrhundert erst noch findet, will Temeswar mit seiner Geschichte Mut machen: Vielfalt ist Kraftquelle. Kultur schafft Wohlstand“, sagte Bürgermeister Dominic Fritz. Auch Premier Nicoale Ciucă betonte: „Temeswar ist eine Brückenstadt zwischen den kulturellen Gemeinschaften in Europa“. Die Botschaft des Staatspräsidenten Klaus Johannis, unter dessen hoher Schirmherrschaft das Temeswarer Kulturhauptstadtprojekt steht, wurde von Präsidialberater Sergiu Nistor verlesen. „Wenn das Kulturprogramm am Ende des Jahres offiziell beendet sein wird, wünsche ich, dass Sie feststellen, dass ein solch ehrgeiziges Projekt selbst dann nicht endet, wenn der letzte Vorhang fällt“, schrieb Präsident Johannis.
Zwar ging bei der Galaveranstaltung in der Oper, wo der rumänische Klavierspieler Andrei Irimia und der Belgier Joep Beving auftraten, für kurze Zeit der Strom aus – was, wie gewohnt, von den politischen Gegnern des Bürgermeisters ausgenutzt wurde. Dennoch wurde der Festakt von den Anwesenden – mit wenigen, doch recht lautstarken Ausnahmen - sehr gut aufgenommen. „Wir sind nicht perfekt, auch in Europa, Rumänien oder Temeswar nicht. Aber die Kulturhauptstadt ist kein Titel, der die Perfektion prämiert, sondern einer, der die Ambition einer Stadt feiert, die nicht stillsteht“, sagte Bürgermeister Dominic Fritz, der am Domplatz den „Melina Mercouri“-Preis im Wert von 1,5 Millionen Euro von EU-Kommissarin Adina Vălean entgegennahm. Und gerade diesen Ehrgeiz der Stadt, über sich selbst hinaus zu wachsen, konnte man bei den Veranstaltungen am Eröffnungswochenende spüren.
Der Domplatz war randvoll, als nacheinander Implant pentru Refuz mit ihren Gästen, Duchamp Pilot/Muaré Experience, Taraf de Caliu und Fritz Kalkbrenner auf die Bühne traten. Das Programm war divers, unerwartet und mit Sicherheit dem Gedanken der Multikulturalität gerecht. Ein Blickfang: der Einsatz von Lavinia Chițu, die stundenlang die Musik für Gehörlose in Gebärdensprache übersetzte. Von einer Rampe aus konnten erstmals auch Menschen im Rollstuhl die Konzerte mit verfolgen.
Das ganze Wochenende über fanden gut besuchte Kulturevents statt, u. a. die Victor-Brauner-Ausstellung im Kunstmuseum, die bis Ende Mai offen steht, oder der Vortrag des deutschen Philosophen Peter Sloterdijk. Das Europäische Kulturhauptstadtjahr hat in Temeswar gerade erst begonnen – und vielversprechend klingt das Programm auf jeden Fall.