Seinen 60.Geburtstag feiert heuer das Sinfonieorchester der „Transilvania“-Philharmonie Klausenburg. Welches ist die Geschichte des Orchesters, dessen Vergangenheit und Gegenwart ohne das Große Auditorium der Casa Universitarilor im Klausenburger Stadtzentrum nicht denkbar wären? In dieser altehrwürdigen Spielstätte des Klausenburger Vorzeige-Orchesters traten einst berühmte Musikerpersönlichkeiten auf: Kurt Masur, Charles Makkeras, Fritz Mahler, Swjatoslaw Richter, Antonin Ciolan, Stefan Ruha, Erich Bergel, Emil Simon, u. a. Glücklich, wer die längst vergangenen Zeiten im Publikum oder gar als Orchestermusiker miterleben durfte.
Als die „Transilvania“-Philharmonie 2002 von der damaligen Leitung der Klausenburger Universität kurzerhand vor die Türe des Proben- und Konzertsaales gesetzt wurde, bestand das Orchester trotz aller widrigen Umstände darauf, dem Publikum auch weiterhin nur das Beste vom Besten anzubieten. Ganze zehn Jahre lang irrte es heimatlos in Klausenburg herum und musste sich mit dem völlig unpassenden Studentenkulturhaus als Konzertsaal-Ersatz begnügen. Immerhin geschah auch hier das ein oder andere Highlight, als beispielsweise Jasper de Waal, Solohornist des Königlichen Concertgebouw-Orchesters Amsterdam, mit einer exzellenten Interpretation des 1. Hornkonzertes von Richard Strauss beeindruckte, oder Gastdirigent Reinhard Goebel einen großen Erfolg landete. Und als Daniel Goiţi mit Tschaikowskys 1. Klavierkonzert auftrat, standen Zuhörende eine Stunde lang Schlange an der Abendkasse. Die lange Durststrecke konnte 2012 beendet und die Philharmonie als willkommener Dauergast in der Casa Universitarilor wiederaufgenommen werden.
Viniciu Moroianu, Ausnahme-Pianist und Professor an der Bukarester Musik-Universität, war auch zu Zeiten des jahrelangen Exils im Studentenkulturhaus Gast in Klausenburg. Dass ein Solist seines Ranges mit einer Einladung in den neuen alten Konzertsaal „entschädigt“ wird, kann nur die einzig richtige Entscheidung sein. Moroianu spielte am vergangenen Freitag, dem 16.Oktober 2015, im 4. Abonnement-Konzert der „Transilvania“-Philharmonie unter der Leitung des Dirigenten Jan Stulen (Niederlande) das selten zu hörende „Concertino im klassischen Stil“ für Klavier und Kammerorchester von Dinu Lipatti und das Klavierkonzert in D-Dur Hob.XVIII von Joseph Haydn. Eine Freude war es, Viniciu Moroianu nicht nur zu hören, sondern ihn auch auf seinem Platz vorn auf der Bühne vor dem Orchester zu beobachten. Wenn er am Ende einer jeden langen Solo-Passage die Arme in einer weit ausholenden Bewegung vom Flügel wegnahm, war das natürliche, noble Inszenierung und wirkte nicht gestellt. Wer so gut spielt, hat es auch nicht nötig, sich zu verstellen. Viniciu Moroianu – immer ein ausgezeichneter Musiker und bescheidener Herr.
Eine eingetragene Marke sind, wie kann es anders sein, auch die Klausenburger Philharmoniker. „Im Tale blüht der Frühling auf!“, tönt es in den Trompeten und Hörnern am Anfang der 1. Sinfonie op.38 in B-Dur von Robert Schumann, die nach der Pause in der Casa Universitarilor erklang. Obwohl derzeit der nasskalte Oktober direkt auf den Winter zuführt und der Frühling in weiteste Ferne gerückt ist: im Orchester der „Transilvania“-Philharmonie Klausenburg hat wirklich der Frühling Einzug gehalten. Das Durchschnittsalter im Orchester ist sehr gering und der Anteil derjenigen Orchestermusiker, die vor nicht vielen Jahren noch Studierende der „Gheorghe Dima“-Musikakademie Klausenburg und anderer berühmter europäischer Musikhochschulen waren, sehr hoch: Paul Sîrbu (Konzertmeister), Mihai Oşvat (Solo-Bratsche) Vlad Rebreanu (Solo-Flöte), Haáz Bence (Solo-Oboe), um nur einige zu nennen. Und dass nicht nur die Solo-, sondern auch die Tutti-Positionen mit Spitzenkräften besetzt sind, spricht für die großartige Interpretation der 1. Sinfonie von Schumann, in der nicht die kleinste intonatorische Ungenauigkeit auszumachen war. Souverän die Kadenz der vier Hörner im letzten Satz, und erhaben der lange B-Dur-Schluss der Sinfonie, den das Orchester nicht frontal übersteuerte. Trompeten, Hörner und Posaunen wendeten die ganze Sinfonie hindurch Kraft an, den edlen Glanz hoben sie sich für den Schlussakkord auf. Blechbläser, die im Orchester natürlich auch „nörgeln“ können, es bei Schumann jedoch höflich unterlassen.
Im Sinfonieorchester der „Transilvania“-Philharmonie Klausenburg steckt unglaublich viel Qualität. Es vereint große Könner, die abends im Konzert nicht in Deckung gehen, sondern noch eine Schippe drauflegen – wie in den großen Orchestern der Welt, wird auch in diesem Orchester nicht gekniffen. Chor und Sinfonieorchester der Klausenburger Philharmonie haben es am 28. September im Hermannstädter Thalia-Saal unter der Leitung von Gabriel Bebeşelea während einer Aufführung von Carl Orffs „Carmina Burana“ eindrücklich demonstriert. Genau deswegen sind sie und kein anderes Orchester Siebenbürgens es wert, den Begriff „Transilvania“ im Namen zu führen, sei es zuhause in Klausenburg oder auf Gastspielen in- und außerhalb Rumäniens.