Das Leben des Violinisten Vlad Popescu spielt sich größtenteils außerhalb Rumäniens ab. Was der aus Karansebesch im Banater Bergland gebürtige Musiker unternommen hat und weiterhin als persönliche Existenzgrundlage nutzt, spricht nicht wenigen gleichaltrigen Landsleuten aus der Seele: Vlad Popescu, einer von unzähligen begabten Künstlern Rumäniens, hat die Chance eines Studiums im Ausland genutzt. Überschaubar schien der Weg aus dem Banat in die österreichischen Bundesländer Steiermark und Kärnten, wo der Abiturient des Temeswarer Ion-Vidu-Musikgymnasiums sich als Student in Graz und Klagenfurt immatrikulieren konnte. Hier traf er mit drei Kommilitonen und ebenso begeisterten Fans der Kammermusik aus Kroatien, Italien und Slowenien zusammen, die ein und denselben Ausbildungsweg in den Süden Österreichs gewählt hatten. 2011 gaben sich die vier Kammermusiksuchenden den Namen „Furiant“, den sie als Ensemble nach Berlin und ins norddeutsche Rostock mitnahmen. Sieben Jahre lang spielte Gregor Hrabar (Slowenien) die Bratsche bei „Furiant“, ehe Mladen Somborac (Kroatien) zu Jahresbeginn 2018 neu ins Ensemble aufgenommen wurde. Stefano Mesaglio, Violine (Italien), und Nika Švarc, Violoncello (Slowenien), sind ebenfalls mit von der Partie, wenn das Streichquartett „Furiant“ von seinem derzeitigen Berliner Standort aus Reisen in die Heimatländer der einzelnen Ensemblemitglieder unternimmt.
Im Quartett mit seinen Mitstreitern spielt Vlad Popescu die zweite Geige. Diesen Job nimmt er genauso ernst wie auch die selbst erwählte Aufgabe der künstlerischen Leitung des Festivals für klassische Musik „Eufonia“ in Temeswar und dem Banat, das heuer vom 22. September bis 4. Oktober in erster Auflage veranstaltet wurde. Zu einem Abschied auf Nimmerwiedersehen, den einige der Rumänien dauerhaft verlassenden Künstler mit Hochnäsigkeit markieren, ist Vlad Popescu nicht bereit. Trotz der Tatsache, dass er die meiste Zeit des Jahres fern der Banater Heimat verbringt, hält er auch in Rumänien große Stücke auf die Integrität seines Auftretens.
Am Sonntagnachmittag, dem 7. Oktober, gab „Furiant“ ein Kammerkonzert im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt/Sibiu (DFDH). Vlad Popescu führte moderierend durch die Aufführung je eines Opus von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) und Béla Bartók (1881-1945). Das akzentfreie Rumänisch des in Berlin und Deutschland Karriere betreibenden Geigers ist von derselben stilistischen Reinheit wie die bescheidene Vollkommenheit der Musik des gesamten Ensembles. Mladen Somborac musizierte am akustisch vermeintlich ungünstigen Ende des Quartett-Halbkreises, drehte sich aber zu allen Bratschen-Soli mit Schultern, Blick, Bogen und Streichinstrument freundlich zum Publikum. Mit kräftiger Eleganz der rechten Hand griff Nika Švarc in die Cello-Saiten und vermied es souverän, sich in das auf dem Notenständer fesselnde Notenbild zu vergraben.
Als Bonus zur Körpersprache von Bratsche, Cello und zweiter Geige im Quartett „Furiant“ setzte Stefano Mesaglio den Klängen des Quartetts Nr. 2 op. 17 von Bartók und des Quartetts nr. 14 in G-Dur KV 387 von Mozart die führende Raffinesse auf. Im Spiegelsaal des DFDH nahm sich der Primgeiger der Gastformation die Anweisungen aus Leopold Mozarts „Versuch einer gründlichen Violinschule“ zu Herzen. Viel Druck in der linken Hand und delikate Kraft der Bogenführung gelten auch für das Spiel auf Stahlsaiten und modernem Instrumentarium. So und nicht anders hat Mozart interpretiert zu werden. Ein großes Bravo an „Furiant“ für die Reife im klassischen Stil!
Auch den Tränenausbrüchen und barschen Schimpf-tiraden des 2. Streichquartetts von Bartók waren die Gäste vollends gewachsen. Stefano Mesaglio setzte zum letzten Satz des Stückes an, nahm sich aber die Freiheit, kurzerhand abzubrechen. Dies war keine unfreundliche Geste, doch legten die Interpreten großen Wert auf hohe Konzentration in der Stille des Anfangs. Wenige Musiker haben diesbezüglich im Augenblick der Aufführung den Mut, konsequent vorzugehen. Ein lautes Knarzen des Fußbodens im hinteren Publikumsbereich wirkte störend, worauf der innere Schiedsrichter des Streichquartetts „Furiant“ den zweiten Aufschlag, das „Second Serve“, anordnete. Selbstredend, dass Stefano Mesaglio kühl auf Position ausharrte und mit blinder Sicherheit ein Ass in das Spielfeld Bartóks schnellen ließ. Am Schluss reichten Musiker und Komposition einander die Hand zum gemeinsam erkämpften Sieg über die Farblosigkeit.