Mariana Buruiană gehört zu einer jungen Generation von Korbflechterinnen, die mit neuen Materialien und Techniken experimentieren. Sie flicht mit Papier, das speziell verarbeitet wird und auf Wunsch der Kunden in den verschiedensten Farben eingefärbt werden kann. Das schafft nicht nur neue Gestaltungsmöglichkeiten, ihre Produkte sind auch ressourcenschonend und umweltfreundlich. Das Interview führt Gerlinde Schuller, Datenjournalistin und Informationsdesignerin im Rahmen ihres Projekts „Unser Handwerk ist unser Vermächtnis”, das wir am 8. September auf der Kulturseite im Beitrag „Siebenbürgisch-sächsisches Handwerk als Vermächtnis für die Zukunft“ vorgestellt haben.
Wie haben Sie das Korbflechten gelernt?
Ich habe es mir mit Hilfe von Anleitungen aus dem Internet selbst beigebracht. Zunächst lernte ich die Grundlagen des Handwerks, die notwendigen Materialien, die Werkzeuge und die technischen Feinheiten kennen. Dann habe ich mir die Arbeit von Handwerkern aus Tschechien, Russland und der Ukraine angeschaut. Ich wollte wissen, wie sie ihren Flechtarbeiten Einzigartigkeit verleihen und wie sie Details verarbeiten. Wenn ich bei meiner Arbeit auf Schwierigkeiten stieß, schrieb ich ihnen Nachrichten und war immer erstaunt, wie freundlich sie mir halfen.
Woher kommt Ihr Interesse an diesen Ländern?
Aus praktischen Gründen. Ich spreche auch Tschechisch, Russisch und Ukrainisch und kann verstehen, was sie erklären.
Wie weit reicht Ihre Leidenschaft für das Korbflechten zurück?
Meine Faszination begann 2018. Ich war auf der Suche nach geflochtenen Körben, um Sachen zu Hause zu lagern, und stieß auf einen Beitrag eines tschechischen Kunsthandwerkers. Ich war total überrascht, als ich las, dass seine Körbe aus Papiersträngen geflochten sind. Dieses Detail machte mich sehr neugierig und ich dachte: Das muss ich unbedingt selbst ausprobieren. Ich wollte etwas nach meinem eigenen Geschmack, mit eigenen Maßen und Raffinessen herstellen. Seitdem habe ich nicht aufgehört, dieses Handwerk zu erlernen und zu praktizieren.
Woher kommt Ihre Familie?
Meine Wurzeln liegen im Norden der Republik Moldau. Meine Vorfahren waren Bauern. Ein Detail hat mich jedoch noch kürzlich überrascht. Als ich mit dem Korbflechten begann, war meine Mutter erstaunt über meine neue Leidenschaft und meine Aktivitäten und fragte, warum ich das mache. Ich antwortete: Nun, ich liebe es und es verschafft mir Seelenfrieden. Daraufhin erzählte sie mir von ihrer Großmutter, die in den 1970er Jahren Weintrauben anbaute.
Meine Urgroßmutter hat die Körbe für die Traubenernte geflochten. Die Familie baute auch Weidenruten für das Korbflechten an. Der Garten war wohl voll von solchen Körben, ein Standardmodell, praktisch für den Einsatz auf den Feldern. Leider wurde dieses Handwerk von keinem meiner Nachkommen wieder aufgenommen. Ich wünschte, ich hätte etwas von meiner Urgroßmutter lernen können, aber ich habe sie nicht mehr kennen gelernt.
Was ist der Unterschied zwischen Ihren Körben und denen, die Ihre Urgroßmutter geflochten hat?
Der Unterschied zwischen dem, was ich mache, und dem, was meine Vorfahren gemacht haben, liegt im Zweck, im Material und in den Details. Meine Urgroßmutter hat die Körbe aus Weidenholz geflochten, ich mache sie aus speziell verarbeitetem Papier. Sie ließ das Holz unbehandelt, und ich biete sie in jeder vom Kunden gewünschten Farbe an. Meine Familie benutzte die Körbe draußen im Garten und auf den Feldern. Ich fertige Körbe für Innenräume, die zum Aufbewahren und Verstauen oder von Kindern benutzt werden.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Entwürfe?
Meine Inspiration stammt von gewebten Produkten aus verschiedenen Materialien – Seil, getrocknete Blätter, Metalldraht und Holz. Ich lasse mich auf Reisen in andere Länder inspirieren und auch von meinen Mentoren der ersten Jahre, den modernen Handwerkern aus Tschechien, der Ukraine und Russland. Meine Entwürfe sind oft eine Kombination aus dem beliebten moldauischen Modell aus der Vergangenheit und modernen Details, die meine Kunden wünschen.
Wie sieht der Arbeitsprozess für einen Ihrer neuen Entwürfe aus?
Neue Modelle entstehen aufgrund ungewöhnlicher Kundenwünsche, zum Beispiel für Lampenschirme oder einen Babykorb. Ich beginne damit, die genaue Größe und Form auf dem Papier zu skizzieren. Die exakten Details und Verzierungen müssen mit den Räumlichkeiten des Kunden harmonieren. Dann zeichne ich neue Elemente ein, zum Beispiel ein eigenes Flechtmuster. Ich ändere die Form so, dass die gewünschten Parameter nicht überschritten werden. Schließlich füge ich gerne originelle Verzierungen hinzu, die ich in früheren Arbeiten nicht gebraucht habe. Danach stelle ich Modelle aus Phenoplast, Lego und Holz her. Erst dann beginne ich zu flechten.
Welche Materialien verwenden Sie?
Meine Körbe müssen kinder- und haustierfreundlich sein, da sie in Innenräumen verwendet werden. Außerdem müssen sie aus umweltfreundlichen und natürlichen Materialien bestehen. Ich beginne mit sehr dünnem Zeitungspapier, das ich zu Strängen verflechte. Ich bemale sie mit Holzbeize oder Acrylfarben auf Wasserbasis und behandle sie dann mit einer Imprägnierung, um ihnen während der Arbeit Elastizität zu verleihen. Nach der Fertigstellung eines Korbes grundiere ich ihn mit Vorlack und nach dem Trocknen mit demselben Holzlack auf Wasserbasis. Die Nähte zwischen den Verbindungen werden mit Holzleim geklebt.
Wie lange dauert es, einen mittelgroßen Korb herzustellen?
Ein mittelgroßer Korb wird in fünf bis sieben Tagen hergestellt. Am ersten Tag stelle ich die Papierstränge her, am zweiten Tag bearbeite ich sie und trockne sie. Am dritten und vierten Tag flechte ich den Korb. Tag fünf ist für die Grundierung reserviert und der letzte Tag für die Schutzlackierung.
Glauben Sie, dass es wichtig ist, dass das Handwerk des Korbflechtens nicht ausstirbt?
In einer Welt, in der alles automatisiert und in großen Mengen hergestellt wird, brauchen wir diese Art von Kunst – handgefertigte, personenbezogene Arbeiten. Auf diese Weise bewahren wir unsere Identität und Persönlichkeit. Das Handwerk des Korbflechtens verbindet uns mit unseren Vorfahren. Es erinnert uns an die Ursprünge unserer Kultur. Ich glaube, es ist dieser Akzent in der Inneneinrichtung, der uns in Erinnerung an Heimat und Behaglichkeit schwelgen lässt. Ein weiterer sehr wichtiger Vorteil ist der ökologische Aspekt. Ich halte es für wichtig, die Umwelt zu schützen und die Verbindung zur Natur aufrechtzuerhalten.
Ist es möglich, mit dem Handwerk des Korbflechtens ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen?
Die Aufträge, die ich habe, sind für Monate im Voraus geplant. Sie bringen keinen sehr großen Gewinn, weil ich alleine arbeite, deshalb unterrichte ich jetzt eine Person, die mir bei der Produktion helfen wird. In Zukunft möchte ich auch einen Online-Kurs im Korbflechten anbieten, denn die Nachfrage danach ist groß.
Werden Sie Ihren Kindern das Korbflechten beibringen?
Ich würde meinen Kindern das Handwerk gerne beibringen und sie zu Designern heranziehen. Das ist das, was ich am besten kann, also könnte ich mein Wissen darüber an sie weitergeben. Aber während sie älter werden, kümmere ich mich erst einmal um die Anfragen meiner Follower auf Instagram und werde ihnen das Korbflechten beibringen und Kurse für Anfänger anbieten. Auch meine Tante hat mich gebeten, ihr dieses Handwerk beizubringen, da sie solche Körbe in Italien herstellen möchte.
Ich bekomme viele technische Fragen, und es freut mich sehr, dass das Interesse an diesem Handwerk wächst. Die Zeiten, in denen ich dachte, dass das Korbflechten langsam ausstirbt, sind vorbei. Ganz im Gegenteil, es entwickelt sich auf eine moderne, geschmackvolle Weise weiter. Die Menschen fühlen sich wieder mehr und mehr zu diesem Handwerk hingezogen. In ihren Augen ist es Kunst.
Gibt es noch andere Tätigkeiten, die Sie für wichtig halten, um sie in Ihrer Familie von Generation zu Generation weiterzugeben?
Kinder beobachten, was Erwachsene tun. Wenn wir etwas tun, das uns viel Freude und Befriedigung bereitet, wollen sie lernen, das Gleiche zu tun. Wenn meine beiden Kinder mir dabei zusehen, wie ich während des Flechtens stundenlang am Schreibtisch sitze, konzentriert, manchmal auch regungslos, dann zeige ich ihnen anschließend, dass eine perfekte Kombination, um sich von der Arbeit zu erholen, Sport ist. Volleyball ist ein großes Hobby von mir. Ich bemühe mich, alles, was mir Spaß macht, mit meinen Kindern zu teilen. Es macht mir Freude zu sehen, wie sie nicht nur die Liebe zur Kunst, sondern auch die Liebe zum Sport erben. Wenn es etwas gibt, das ich in den letzten Jahren erkannt habe, dann ist es, dass die Dinge, für die wir eine Leidenschaft haben, genetisch von Generation zu Generation weitergegeben werden.