Am Wochenende beginnt in Bukarest das wichtigste internationale Kulturevent Rumäniens. Das Festival „George Enescu“ (www. festivalenescu.ro) wird die Musikliebhaber vom 1. bis 28. September mit Aufführungen von höchstem Niveau verwöhnen und im Fokus der internationalen Presse („Gramophone“, „BBC Music Magazine“, „The Strad“, Mezzo, CNN u. a.) stehen. Schon seit der ersten Auflage im September 1958, drei Jahre nach Enescus Tod, gilt das Festival als Synonym für musikalische Weltklasse. Damals traten Yehudi Menuhin, Dawid Oistrach, Nadia Boulanger, Claudio Arrau, Sir John Barbirolli und Carlo Zecchi auf. Heuer sind es Mariss Jansons, Lawrence Foster und Paavo Järvi sowie Murray Perahia, Pinchas Zuckerman, Maxim Vengerov und Jewgeni Kissin. Das Eröffnungskonzert findet am Sonntag, um 19.30 Uhr, in der Sala Palatului statt und wird von dem weltberühmten rumänischen Pianisten Radu Lupu, dem Dirigenten Daniel Barenboim und der Staatskapelle Berlin bestritten. Auf dem Programm des Abends stehen Enescus zweite Rumänische Rapsodie, das G-Dur-Klavierkonzert von Beethoven und die Sinfonie Op. 58 von Elgar.
Beibehalten sind in diesem Jahr aus der Struktur der vergangenen Auflagen die Konzertreihen „Große Orchester der Welt“, „Kammermusikalische Konzerte“, „Musik des 21. Jahrhunderts“, „Konzerte um Mitternacht“ sowie die Opern- und Ballettaufführungen. Doch was zeichnet das 21. Festival aus?
Neben George Enescu, dessen Werke traditionsgemäß im Fokus stehen, nehmen die gefeierten Komponisten Richard Wagner und Giuseppe Verdi (jeweils 200 Jahre seit der Geburt) sowie Benjamin Britten (100 Jahre seit der Geburt) einen wichtigen Stellenwert im diesjährigen Repertoire der Festspiele ein. Enescus Kompositionen werden von angesehenen Ensembles aufgeführt – dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam, dem London Philharmonic Orchestra, den Münchner Philharmonikern, dem Orchester der Academy Saint Martin in the Fields. Außerdem steht die Oper „Oedipe“ in der Inszenierung von Anda Tăbăcaru-Hogea und unter der Leitung von Adrian Morar auf dem Programm (26. September). Eine Serie von vier Sonderkonzerten widmen die Festspiele dem Jubilar Richard Wagner. Zum ersten Mal seit 50 Jahren erklingt der „Ring“ in Bukarest, durch das Rundfunk-Sinfonieorchster Berlin unter Marek Janowski (15., 16., 19. und 22. September). Giuseppe Verdi ist mit seiner Oper „Otello“ im Programm vertreten, bei der Peter Seiffert die Titelrolle singt (6. und 9. September), sowie mit dem „Requiem“ in der Interpretation des Orchesters und des Chors der Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter Antonio Pappano (12. September). Von den Werken Benjamin Brittens werden das Violinkonzert (5. September) sowie das „War Requiem“ (Rumänisches Rundfunkorchester, 20. September) aufgeführt.
Abgesehen von den Komponistenjubiläen gibt es Gäste, die zum ersten Mal nach Rumänien eingeladen sind – zu ihnen zählen das Pittsburgh Symphony Orchestra, das National Philharmonic Of Russia, der Schauspieler John Malkovich sowie das portugiesische Ensemble „Vortice Dance Company“. Letzteres präsentiert dem Publikum die ortsgebundene Inszenierung „Dracula“, die sowohl aus Bram Stokers bekanntem Roman als auch aus lokalen Legenden und Mythen inspiriert ist und sich mit den Themen Dominanz und Unterwerfung auseinandersetzt (16. September).
Insgesamt werden 150 Kulturereignisse in Bukarest, Arad, Bacău, Kronstadt/Braşov, Craiova, Klausenburg/Cluj, Jassy/Iaşi, Großwardein/Oradea, Hermannstadt/Sibiu und Temeswar/Timişoara ausgetragen. Das Interesse des Publikums ist überwältigend: Schon im Frühjahr waren beinahe alle Festivalabos sowie die Hälfte der Konzertkarten innerhalb von zwei Stunden nach Verkaufsstart vergriffen. Deshalb besteht zum ersten Mal auch die Möglichkeit, einige Musikabende in den Kinos der Kette „Grand Cinema Digiplex“ (Băneasa Shopping City) in Liveübertragung zu verfolgen. Eine weitere Premiere im Rahmen der Festspiele trägt den Titel „Kreatives Bukarest“ („Bucureştiul creativ“) und setzt sich zum Ziel, die Stimmung der Konzerte in die Straßen der Hauptstadt zu transferieren. In den Grünanlagen rund um das Rumänische Athenäum und die Sala Palatului lädt der „Garten des Festivals“ zum Flanieren ein; „urban art“ und Werke junger Künstler sind an öffentlichen Plätzen in Bukarest zu sehen – die sogenannte „Festivalstadt“ („Oraşul Festivalului”) konzentriert sich in der Umgebung der Zentralen Universitätsbibliothek, des Magheru-Boulevards und der Altstadt; auf dem „Festivalplatz“ („Piaţa Festivalului”) stellen Musikschüler ihr Können unter Beweis. Eine ansteckende Kulturatmosphäre, die hoffentlich lange nachklingen wird.