Hermannstadt – Investor Iancu-Sebastian Boncu], dessen Plan für das Projekt eines Neubaus inmitten des historischen Kerns von Hermannstadt vor zwei Jahren auf schriftlichen Widerstand etlicher Anrainer sowie weiterer Stadtbewohner gestoßen und vergangenes Jahr ins Stocken geraten war, steht kurz davor, sein Vorhaben nun doch verwirklichen zu können. Zwar hat er als Auftraggeber der umstrittenen Projekt-Dokumentation und Inhaber der Handels-GmbH S.C. I-Nutrition S.R.L. für synthetische Kraftnahrungsmittel europäischer und US-amerikanischer Spitzenhersteller auf jenen anfänglichen Wunsch verzichtet, einen Bürogebäude-Komplex errichten zu lassen, der den Streifen sämtlicher privater Gärten in den gemeinsamen Innenhöfen zwischen alten Wohnhäusern in der Brukenthalgasse/Alexandru Xenopol und der kein bisschen weniger historischen Fleischergasse/Mitropoliei in Gesamtlänge zugebaut hätte. Weil Unternehmer Iancu-Sebastian Boncuț jedoch Eigentümer des 330 Quadratmeter Fläche zählenden Grundstückes an Hausnummer 16 auf der Brukenthalgasse ist, versucht er seinen ursprünglichen Plan zumindest dort in die Tat umzusetzen, und sei es auch nur in einem deutlich kleineren Umfang als vor zwei Jahren angestrebt.
Morgen, am 30. März, sollen die für 14 Uhr bestellten Stadträte in ihrer ordentlich einberufenen Sitzung zu Monatsende unter Punkt 39 von insgesamt 43 Beschlussvorlagen über das Projekt „PUZCP – Construire clădire birouri în municipiul Sibiu, str. Xenopol nr. 16“ abstimmen. Die Tagesordnung der Stadtrats-Sitzung und somit auch die Beschlussvorlage für den von Investor Iancu-Sebastian Boncuț geplanten Neubau sind einfach auf der Rathaus-Homepage www.sibiu.ro zu finden und einzusehen. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen darf der Unternehmer und Inhaber der GmbH S.C. I-Nutrition S.R.L. auf seinem Grundstück eine Immobilie bauen, die an der Dachrinne 16 Meter und am höchsten Punkt des Daches bis zu 20 Meter Höhe über dem Erdboden misst. Ohne Wenn und Aber zu respektierende Kriterien zum Schutz von Kulturerbe sind in der elf Seiten langen Projekt-Beschlussvorlage nicht ausdrücklich vermerkt.
Nicht hieb - und stichfest erweist sich die Beschlussvorlage indes in der Angabe der Hausnummer des betreffenden Grundstückes: von der korrekten 16 weicht sie teils auf die unzutreffende 18 oder, wie auf der Tagesordnung festzustellen, gar auf die Hausnummer 6 ab. Zusätzliche Kritik an der Beschlussvorlage lässt sich an dem Fakt festmachen, dass der noch gültige Generalplan zur Urbanisierung Hermannstadts (Plan Urbanistic General, PUG) schon einmal über Gebühr verlängert wurde, nachdem der Stadtrat ihn im April 2011 für eine Laufzeit von zehn Jahren beschlossen hatte. Leider war es für das Rathaus und den Stadtrat Ende März 2021 unaufschiebbar geworden, seine Gültigkeit um weitere drei Jahre zu verlängern. Der im Dezember 2020 unterzeichnete Vorvertrag für das Erstellen des neuen PUG, den Hermannstadt erst 2023 erwarten kann, kam für einen lückenlosen Anschluss an den alten PUG deutlich zu spät. Ein Versäumnis in Sachen Geschäftsführung, das ganz besonders im Kern der Altstadt auf eine strikte Verhinderung von Neubauten deuten sollte.
Im tatsächlichen Fall einer Baustelle auf diesem 330 Quadratmeter großen Grundstück würden zig bis hunderte Anrainer kurz- und mittelfristig mit einer denkbar unverantwortlich hohen Staub- und Lärmbelästigung sowie langfristig mit erheblichem Rückgang des natürlichen Sonnenlicht-Einfalls zu rechnen haben. Etliche Fenster anliegender Privatwohnungen blieben dadurch auch tagsüber bei bester Uhrzeit von Sonnenlichtmangel nicht verschont. Auch die Chancen des historischen Kerns von Hermannstadt, zukünftig in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen werden zu können, dürften mit einer Verwirklichung des Neubauprojekts von Iancu-Sebastian Boncu] stark sinken. Autor der Projektdokumentation von Boncuț ist Alexandru Găvozdea, Vorsitzender der Innung der Architekten Rumäniens (AOR) und Ex-Abiturient des Samuel-von-Brukenthal-Gymnasiums. Stadtbewohner und Architekt Hermann Fabini hatte das Neubauprojekt von Boncuț noch am 11. Dezember 2020 in einem Artikel für die ADZ als „grundsätzlich inakzeptabel“ eingestuft.
Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) stellt aktuell in Astrid Fodor die Bürgermeisterin Hermannstadts. Neun von 23 Sitzen im Stadtrat hält die PNL, acht das DFDR, vier das Bündnis USR-PLUS und zwei die PSD. Der fünf Sitze zählende Stadtrat-Ausschuss für urbane Organisation und Entwicklung, die Durchführung der öffentlichen Bauarbeiten, Umweltschutz und den Erhalt historischer sowie architektonischer Baudenkmäler, in dessen Zuständigkeitsbereich es fällt, vorab der Stadtrats-Sitzung von Mittwoch, dem 30. März, über das Neubauprojekt zu beraten und eine Wahlempfehlung für die Abstimmung zu formulieren, traf sich gestern um 14 Uhr nach Redaktionsschluss. Ihm gehören zwei Mitglieder des DFDR, zwei Mitglieder der PNL-Fraktion und ein Mitglied der USR-PLUS-Bündnis-Fraktion an. In der Stadtrats-Sitzung von morgen würden zwölf Gegenstimmen ausreichen, das kulturell schädigende Neubauprojekt von Investor Iancu-Sebastian Boncu] ein für allemal zu stoppen. Zustimmung hingegen brächte den ersten Präzedenzfall für weitere Vergehen derselben Schwere im historischen Kern Hermannstadts.