Aufbruch oder Lethargie?

Bischof Guib sprach über die Zukunft der Kirche bei den Hermannstädter Gesprächen

Die Kirche mit Bischof Reinhart Guib sucht nach ihrer Linie in der heutigen Zeit. Foto: Holger Wermke

Hermannstadt - Für die evangelische Kirche waren die vergangenen beiden Jahrzehnte eine Zeit voller Herausforderungen. „Es sind 20 Jahre vergangen seit dem Fall des Kommunismus, nach dem Massenexodus und der Schrumpfung unserer Gemeinden und der Erfahrung, was Diaspora ist“, resümierte Reinhart Guib im Rückblick und stellte fest, dass sich die Lage inzwischen stabilisiert habe. Nun gehe es darum, welche Zukunft es für die kleine Kirche mit nurmehr rund 13.000 Mitgliedern geben kann.

Diese Frage beantwortete und diskutierte Guib, Bischof der evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, am Dienstag bei den „Hermannstädter Gesprächen“ im Spiegelsaal des Forumshauses. Das angekündigte Thema „Kirche für alle, alle für die Kirche. Zur Zukunft der evangelischen Kirche in Rumänien“ stieß auf einiges Interesse, knapp 50 Zuhörer zählten die Veranstalter, viele davon ehemalige Pfarrer.

Nach seiner Einsetzung als Bischof im November 2010 initiierte Guib eine Strategiedebatte. „Auf meine Bitte hin haben viele Mitarbeiter, Mitglieder und Freunde unserer Kirche Vorschläge gemacht für die Zukunft unserer Kirche.“ Diese werden in das im vergangenen Herbst vorgelegte Strategiepapier eingearbeitet. Das Papier formuliert Leitlinien für die Bereiche geistliches und theologisches Verständnis, kirchliche Ordnung, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, Kulturerbe und Tourismus. Ende des Jahres wird das überarbeitete Papier der Landeskirchenversammlung vorgestellt, kündigte Guib an.

Dieser plädierte für Offenheit, schränkte aber gleichzeitig ein: „Auch wenn sich unsere Kirche verändert, muss sie doch erkennbar bleiben und Identifikationswert behalten“. Aktuell überlege man im Landeskonsistorium, Ausgewanderten, die zeitweilig nach Rumänien zurückkehren und sich im Gemeindeleben einbringen wollen, eine Vollmitgliedschaft zu ermöglichen. „Wir brauchen diese Kraft, die da schlummert.“ Am evangelischen Gottesdienst in deutscher Sprache werde man festhalten, betonte er, auch wenn die rumänische Sprache mittlerweile einen Platz daneben einnimmt.

Im Anschluss an seinen Vortrag lud Moderator Benjamin Józsa, Geschäftsführer des Siebenbürgenforums, zur Diskussion mit dem Bischof. Es zeigte sich, dass viele der Anwesenden eine Bewahrung gewohnter Kirchentraditionen begrüßen würden. Dies könne die hiesige evangelische Kirche beispielsweise für traditionsbewusste Gläubige interessant machen. Andere Teilnehmer betonten, dass Kontinuität das wichtigste Kapital der Kirche sei. Der Wunsch nach Festhalten am Gewohnten, der hier im kleinen Rahmen spürbar wurde, existiert nach Guibs Worten auch in den Gemeinden. Er spüre eine Lethargie, wobei er dennoch die Kirchenmitglieder überzeugen möchte, einen Aufbruch zu wagen und die Herausforderungen von heute anzunehmen.