Temeswar – Der Bau einer Autobahn zwischen Temeswar/Timişoara und der serbischen Hauptstadt Belgrad, ein für das historische Banat wichtiges Infrastrukturprojekt, scheint für die Regierung in Bukarest ein Randthema zu sein, über dessen Schicksal sich nicht einmal das verantwortliche Verkehrsministerium im Klaren ist. Dies geht aus zwei Antworten der Behörde hervor, die der Temescher PNL-Abgeordnete und Rektor der Temeswarer West-Universität Marilen Pirtea auf seine parlamentarischen Anfragen bekommen hat.
Wie die Lokalpresse in Temeswar berichtet, hatte Pirtea im Juni das Verkehrsministerium gefragt, ob das Projekt weiterhin verfolgt wird und wenn ja, was für eine Straße gebaut werden könnte, nämlich eine Autobahn oder eine Schnellstraße. Damals vertrat das Ministerium die Ansicht, dass die Strecke von Temeswar zur serbischen Grenze bei Morawitza/Moraviţa von zweitrangiger Bedeutung sei, der Verkehr werde auch in Zukunft nicht so stark sein, um den Bau einer Autobahn oder einer Schnellstraße zu rechtfertigen. Im Oktober richtete Pirtea eine zweite Anfrage an das Verkehrsministerium, nun hieß es, dass bereits im September eine Vorgenehmigung für die Ausarbeitung der technischen und ökonomischen Rahmenindikatoren für die Strecke Temeswar – Morawitza erteilt wurde, ein Projekt, das von der EU über das Programm POIM (Große Infrastrukturprojekte) zu finanzieren ist. Laut dem PNL-Abgeordneten Pirtea müsste dies bedeuten, dass die Regierung vielleicht doch vorhat, eine Autobahn oder eine Schnellstraße zu bauen, da über das POIM-Programm prinzipiell nur derartige Projekte finanziert werden können. Das anscheinende Chaos in der Regierung deute auf die geringe Beachtung, die die PSD-ALDE-Koalition dem Westen Rumäniens schenke, obwohl der Kreis Temesch eine überdurchschnittliche Wirtschaftsleistung erbringe, sagte Pirtea.
Das Projekt einer Autobahn zwischen Temeswar und Belgrad wurde in den vergangenen Jahren mehr-mals debattiert, Ende 2016 hatten sich die damaligen Regierungschefs Dacian Ciolo{ und Aleksandar Vucic auf ein Konzept geeinigt, doch die seit Januar 2017 amtierende PSD-ALDE-Regierung teilte voriges Jahr überraschenderweise mit, dass das Vorhaben für Bukarest nicht prioritär sei, da das Verkehrsaufkommen zu gering ist. Daraufhin teilte auch die serbische Seite mit, dass das Projekt nicht mehr weiterverfolgt werde, obwohl die Regierung in Belgrad mit der Planung vorangeschritten war und bereits zwei mögliche Trassen geprüft hatte, nämlich eine von Belgrad über Pan-tschowa/Pancevo und Großbetschkerek/Zrenjanin bis in den Raum des Grenzübergangs Jaša Tomic – Foeni, die andere von Belgrad über Pantschowa und Werschetz/Vrsac bis nach Morawitza, entlang der gegenwärtigen zweispurigen Europastraße 70. Für Rumänien wäre nur die zweite Variante in Betracht gekommen, da eine Autobahn von Temeswar über Jebel, Wojteg/Voiteg und Detta/Deta bis nach Morawitza auch für den westlichen Teil des Banater Berglands von Bedeutung sein könnte und zumindest Städten wie Reschitza/Reşiţa, Bokschan/Bocşa, Orawitza/Oraviţa und Anina eine schnellere Verbindung nach Temeswar ermöglicht. Fakt ist, dass die E70 sowohl auf rumänischer, als auch auf serbischer Seite inzwischen ziemlich stark befahren ist, da die Verbindungen zwischen dem rumänischen und dem serbischen Banat deutlich zugenommen haben, eine bessere Infrastruktur würde dies noch weiterhin fördern. Darüber hinaus wird die Straße von sehr vielen russischen, weißrussischen und ukrainischen Lkw benutzt, die serbische und mazedonische Waren in den GUS-Raum bringen.