„Behinderten-Epidemie“ durch Betrug

Kreisrat prüft das Amt für Kinderschutz und soziale Belange nach Skandal mit falschen Ausweisen

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Hermannstadt - Über 400 Personen sind im Visier der Polizei in dem Dossier über betrügerisches Erhalten von Behindertenausweisen vonseiten des Amtes für soziale Belange und Kinderschutz (DGASPC) in Hermannstadt/Sibiu.

Das gab der Leiter des Kreispolizeiamtes Tiberiu Ivancea kürzlich auf einer Pressekonferenz bekannt und teilte mit, dass ein strafrechtliches Verfahren wegen Betrug eingeleitet wurde. Ausgegangen sei die Untersuchung von Beschwerden älteren Datums, für die man eine Überprüfung durch das Arbeitsministerium angefordert hatte. Anfang des Jahres war ein ehemaliger Mitarbeiter der Sozial- und Kinderschutzbehörde vom Hermannstädter Gericht zu viereinhalb Jahren Haft wegen illegaler Einflussnahme und Betrug verurteilt worden.

Der Bericht des Arbeitsministeriums hat dem Kreisrat Ende Oktober vorgelegen – und ist auch auf dessen Webseite einzusehen. Die darin verzeichneten Ergebnisse hatte Arbeitsministerin Sulfina Barbu öffentlich gemacht und sie hatten in den Medien für Aufsehen gesorgt. Der Kreisrat setzte eine Sonderkommission ein, welche die Tätigkeit der Kommission für das Evaluieren der Erwachsenen mit Behinderungen untersuchen und prüfen wird.

Die Kontrolle des Arbeitsministeriums fand zwischen August und September statt. Zitiert wurden 530 Personen, von denen 430 evaluiert werden konnten. Hundert Personen folgten der Einladung zum Sozialamt nicht, die meisten von ihnen weilen im Ausland. Von den 430 überprüften Personen, entsprachen 271 den Kriterien der Behindertenkategorie nicht, in die sie eingestuft waren.

Die meisten der Personen mit Behindertenausweis leiden an Asthma oder psychischen Krankheiten – wobei dies im Fall von 97 Prozent der 140 Asthma-Kranken und bei 88 Prozent der psychisch Behinderten nicht stimmt. 
Die Untersuchungskommission des Arbeitsministeriums stellte demnach fest, dass zahlreiche Personen auf Grund von Unterlagen, die sie durch Betrug erhalten haben, als behindert erklärt worden sind.

Dadurch stieg die Zahl der Erwachsenen mit Behinderungen, die keiner Institutionalisierung bedürfen, von 12.389 Personen im Jahr 2005 auf 18.576 Personen am 30. Juni 2011 an, wobei die Zahl der Personen mit permanenter Gültigkeit des Ausweises von 5661 auf 15.164 anwuchs. Wie Medienberichten zu entnehmen, gehörten zu denjenigen, die sich einen Behindertenschein haben ausstellen lassen (um zum Beispiel keine Steuern zu zahlen und sonstige Vergünstigungen zu haben) auch Angestellte des Kreisrates und Rathauses aber auch zwei ehemalige Direktoren des städtischen Bauamtes bzw. des Sozialamtes. Und natürlich Mitarbeiter der Sozial- und Kinderschutzbehörde.

Laut Schätzungen sei durch das Ausstellen von falschen Behindertenausweisen – aufgrund von falschen ärztlichen Attests, die mittels Bestechung erhalten wurden – ein Schaden in Höhe von fast einer Million Euro entstanden, meinte Arbeitsministerin Barbu kürzlich. Sobald die gesamte Untersuchung abgeschlossen ist – DGASPC Hermannstadt muss bis zum Jahresende 2012 die Dossiers der fast 20.000 als behindert geltenden Personen im Kreis überprüfen – werde man daran gehen, die unrechtmäßig kassierten Begünstigung zurückzuverlangen.