Hermannstadt – Knapp zwei Dutzend Stammmitglieder der bürgerlichen Antiregierungs-Protestbewegung „Vă vedem din Sibiu“ (Wir beobachten euch aus Hermannstadt) harrten Freitag, am 24. Mai, fast drei volle Stunden lang vor dem Lokalquartier der angeschlagenen Regierungspartei PSD aus. Grund für die ausdauernde Wartehaltung der oppositionellen Zivilkerngruppe war die Anwesenheit von Bildungsminsterin Ecaterina Andronescu in den Büroräumen der Parteifiliale anlässlich einer Lagebesprechung und Pressekonferenz, die mit Zulassung lokaler Presse- und Medienvertreter erfolgte. Stadtweit bekannte Teilnehmerinnen und Teilnehmer bisheriger Demonstrationen, die über den Äther von dem Hermannstadt-Besuch der amtierenden Bildungsministerin erfahren hatten und es terminlich möglich machen konnten, trotz Arbeitstag direkt am Ort der polarisierenden Begegnung vorstellig zu werden, ließen ihrem Unmut über Missstände des nationalen Bildungswesens lautstark und mittels Transparenten freien Lauf. „Ecaterina Andronescu, die Totengräberin des rumänischen Schulunterrichts“ war mehrfach auf Druckplakaten in rumänischer Sprache zu lesen.
Aufruhr unter den Hermannstädter Protestlern erregte ein Lieferwagen des nicht staatlich geführten Kurierdienstleistungsanbieters Nemo Express, dessen Transportraum vom betreffenden Berufsfahrer dicht vor den Eingang der Parteifiliale manövriert wurde. Als feste Hände die Hintertüren des Kraftfahrzeugs öffneten, befürchtete man augenblicklich, Bildungsministerin Andronescu werde sich unter Verzicht eines Aufeinandertreffens mit geduldig wartenden Gesprächssuchenden auf kürzest möglichem Weg im Transportraum des Lieferwagens einquartieren und jeder sofortigen Konfrontation auf unlautere Art und Weise entfliehen. Sekunden später stellte sich jedoch heraus, dass der Kurierdienstleistungsanbieter ausschließlich mit der Lieferung einiger Pakete Schriftmaterials beauftragt worden war und eventuelle Forderungen nach helfendem Eingreifen in die Selbstverteidigungsstrategie der PSD abgelehnt hatte.
Der Funke entlud sich, als Andronescu tatsächlich im Türrahmen sichtbar wurde. Der Bildungsministerin wurde vorgehalten, den derzeitigen Braindrain Rumäniens mit auf dem Gewissen zu haben. Auch wurden Rufe nach Freigabe staatlich-universitärer Planstellen zugunsten junger Nachwuchsfachkräfte laut. Pfeilspitze der Anschuldigungen war der Tod jenes dreijährigen Jungen, der am 15. April laufenden Jahres in die nicht ausreichend sicher verriegelte Senkgrube auf einem Schulhofgelände der Ortschaft Brăiești (Kreis Jassy/Iași) gestürzt und hilflos an den sofortigen Vergiftungen gestorben war. Andronescu verweigerte ihren Rücktritt mit dem Verweis darauf, dass die Angelegenheit unzureichender Verwaltung eines Schulgebäudes „in den Aufgabenbereich des jeweiligen Bürgermeisteramtes“ fällt.