Reschitza - Dass auch im Banater Bergland unter den Kühen, vor allem aber unter den Schafen die Blauzungenkrankheit herrscht und dass es auch bereits mehrere Fälle von verendeten Tieren gegeben hat, das hat bisher keine der mit der Überwachung der Tiergesundheit betrauten offiziellen Stellen zugegeben. Der einzige Grund für diese „Zurückhaltung“ scheint die Tatsache zu sein, dass es kein Geld gibt für Impfstoffe. Das ist die Schlussfolgerung, zu welcher die Tierzüchter gelangt sind, nachdem sie sich untereinander ausgetauscht haben. Zu ihrem Wortführer im Banater Bergland hat sich Nicolae Drăgan aufgeschwungen, dessen Sohn 200 Schafe besitzt, von denen nach Drăgans Angaben 40 erkrankt sind. Die hinzugezogenen Tierärzte des Raums Orawitza haben der Familie bestätigt, dass es sich um die Blauzungenkrankheit handelt. Laut Drăgan sind allerdings allein im Raum Orawitza über 100 weitere Tiere erkrankt und nahezu ein Dutzend verendet, weil kein Impfstoff aufgetrieben werden kann. Immerhin haben die beiden im Raum Orawitza tätigen Tierärzte die betroffenen Züchter gebeten, sie zu verständigen, wenn weitere Fälle auftreten.
Das wird mit zunehmender Kälte immer unwahrscheinlicher, weil die Überträger, die blutsaugenden Gnitzen, mit der kälteren Jahreszeit verschwinden. Das Virus selber, von dem bisher 24 Serotypen bekannt sind, tritt als Krankheitserreger (Serotyp BTV 8) in Mitteleuropa erst seit 2006 auf. Im Körper der Gnitze entwickelt sich das Virus bis zur Übertragungsreife und wird beim Saugvorgang vor allem auf Schafe (Inkubationszeit: zwei bis zehn Tage), aber auch auf Rinder und wildlebende Huftiere durch den Speichel der Gnitze übertragen. Besorgniserregend ist, dass sich seit 2008 auch die Serotypen BTV1 und BTV6 von Südfrankreich bzw. Holland aus verbreiten. Seit 1905, als erstmals die Blauzungenkrankheit bei südafrikanischen Merinosschafen identifiziert und beschrieben wurde, gibt es sie mit unterschiedlich aktiven Serotypen auf der ganzen Welt und die Tiermedizin hat zumindest ihre Bekämpfung und Heilung gut im Griff – wenn das Geld für Arzneien vorhanden ist...
Das Auftreten der Blauzungenkrankheit in Rumänien ist wegen des Fehlens von Geld für den Ankauf von Arzneien umso gefährlicher, als jedes erkrankte Tier, so lange die Temperaturen noch 20-25 Grad erreichen, als Träger des Erregers und Weiterverbreiter der Krankheit über den Stich der Gnitzen in Frage kommt. Durch die Tatsache, dass die Tierärzte anscheinend angehalten werden, je weniger Daten über den Stand der Krankheit in ihrem Verantwortungsgebiet an die Öffentlichkeit dringen zu lassen (Drăgan: „Sie verbergen das Problem unterm Vorlegeteppich!“), bleibt viel Raum in der Landbevölkerung zu Spekulationen. Vertreter der Tierzüchter sprachen dieser Tage beim Regierungsvertreter in Reschitza, Präfekt Silviu Hurduzeu, vor. Dieser habe zwar sofort und in ihrer Anwesenheit die Verbindung mit den zuständigen Institutionen für die Tiergesundheit und Bekämpfung von Tierkrankheiten aufgenommen, bestätigt Drăgan, „aber wir stehen weiterhin, bis die Maßnahmen getroffen werden, die uns interessieren, im Nebel.“