Hermannstadt – „Die Schönheit wurde in Florenz geboren und wird in Paris verkauft. Etwa so verhält es sich damit“, wie Thomas Anglicus in einem lehrreichen Gespräch direkt aus dem Mund des Rechtsgelehrten Lombardus in der Hauptstadt der Toskana erfährt. Die Konversation beider Zeitzeugen des italienischen Rinascimento auf dem Zenit der Präsenz von Bußprediger Girolamo Savonarola – seine Asche vom Scheiterhaufen 1498 wurde in den Arno entleert – kann im fiktiv-esoterischen Kriminalroman „The Emerald Game“ von Ioan Petru Culianu (1950-1991) nachgelesen werden und liegt seit 2005 auch in rumänischer Übersetzung von Agop Bezerian im Polirom-Verlag auf. Maler Sandro Botticelli selbstverständlich ist Träger des entscheidenden Eigennamens in der Geschichte eines jungen britischen Klerikers, der unter Aufsicht seines gnädigen Mentors Roberto d´Altavilla einen Serienmord und Kunstraub aufklärt. Noch bis einschließlich den 24. Januar 2022 unterhält die Botschaft Italiens in Frankreich die Sammelausstellung „Botticelli Artiste & Designer“ im Musée Jacquemart-André auf dem Pariser Haussmann-Boulevard nur wenige Gehminuten von den Champs-Elysées entfernt. Und das Brukenthalmuseum Hermannstadt/Sibiu ist durch eines seiner Dauerexponate mit am temporären Event im nicht vorrangig ökonomisch dienenden Museum des Französischen Instituts beteiligt – dennoch gereicht es dem ältesten Museum auf dem Territorium des modernen Rumänien zu großer Ehre, in Paris Blicke auf sich zu lenken.
Das auf die Zeitspanne der Jahre 1485 bis 1495 datierte Parament aus dem Hermannstädter Museumsinventar hat Botticelli weder gezeichnet noch angefertigt. Auch liegt nahe, dass Dominikaner Savonarola es sich der goldenen Farbe und zierenden Üppigkeit wegen bestimmt nicht freiwillig übergestreift haben würde. Doch das Kuratoren-Team der italienischen Ausstellung in Frankreichs Hauptstadt wollte das wertvolle Messgewand aus Hermannstadt unbedingt auf Zeit in das Musée Jacquemart-An-dré ausleihen und hat im Bruken-thalmuseum einen gerne hilfsbereiten Partner dafür gewinnen können. Wo Stätten wie das Berliner Staatsmuseum, die Vatikanischen Museen, die Vatikanische Apostolische Bibliothek, das Louvre, das Rijkmuseum Amsterdam, die London National Galery und die Uffizien mit ihrem Kulturerbe an einem einzigen Ort konzentriert um die Gunst des Publikums anstehen, hat auch das Bruken-thalmuseum allen guten Grund zu Stolz auf sein edles Zuarbeiten.
Ob Samuel von Brukenthal selbst jemals nach Frankreich reiste, ist nicht genau bekannt. An der Universität Halle jedoch lernte er die französische Sprache. Für das von ihm gestiftete Museum bedeutet die Reise eines nach Botticelli inspirierten Paraments als Leihgabe an das Musée Jacquemart-André überdies keine Premiere von Ort zu Ort, wie Historiker Dr. Sabin Adrian Luca in Hermannstadt als leitender Direktor unterstreicht. Letzterer und Expertin Alexandra G²l²bu] haben die Umlagerung des Paraments auf Zeit fachgerecht besorgt, versichert Alexandru Chitu]², Marketing-Abteilungsleiter des Brukenthalmuseums.