Hermannstadt – „Es ist ein Buch, das sehr viel mit Heimat zu tun hat, mit der äußerlichen Heimat und der innerlichen Heimat, die man überall mit sich mitträgt. Und es ist zugleich auch der Versuch eines Bildes über das Zusammenkommen mehrerer Heimaten oder mehrerer Beiheimateten“, erklärt Claudiu Mihail Florian zu Beginn seiner Lesung.
Bereits vor sechs Jahren hat Claudiu Mihail Florian seinen Roman „Vîrstele jocului. Strada Cetăţii“, die rumänischsprachige erweiterte Übersetzung von „Zweieinhalb Störche“ im Erasmus Büchercafé vorgestellt. Die deutsche Ausgabe erschien bereits im Jahr 2008 und mit dieser war er im November erneut zu Gast in der Hermannstädter Buchhandlung. Eingeladen hatte ihn Aurelia Brecht im Rahmen der Lesereihe „Was ist Heimat?“, und Florian war ein würdiger Gast zum Abschluss der vierteiligen Veranstaltungsreihe. Denn der Leiter des Rumänischen Kulturinstituts in Berlin bot noch einmal einen ganz anderen Blick auf „die Heimat“ an.
Aus der Sicht eines Kindes erzählt Florian vom Städtchen seiner Kindheit, von der Familie, den auswandernden Nachbarn, den rumänischen Großeltern an der Donau – von einer Welt die größer ist als das „hier“. „Wir sind hier. Doch wir sind nicht alleine – und hier ist auch nicht der einzige Ort auf der Welt. Der Himmel endet zwar in den Wäldern jenseits des Tales und hinter der Burg, und zwischen den Hügeln links und rechts in der Ferne, doch all das, was er hier bedeckt, ist auch nur ein weiterer Teil des Mehrerlei. Denn Orte gibt es noch mindestens zwei auf der Welt. Oder drei“, liest Florian aus den ersten Seiten von „Zweieinhalb Störchen“.
Was ist Heimat? Was kann Heimat sein? Wie groß kann Heimat sein?
Siebenbürgen oder Reps, wo der Roman spielt. Ein Land? „Meine Heimat ist dort, wo ich gerade wohne, wo ich mich gut fühle, mein Geburtsort ist ganz woanders, dort, wo ich nur fünf Jahre meiner Kindheit verbrachte“, erklärt Claudiu Mihail Florian in der anschließenden Diskussion. Doch: „Die Heimat ist das eine, aber die Optiken (Blickwinkel) auf diese Heimat sind unterschiedlich, dadurch, dass Deutsche, Rumänen, Ungarn und Zigeuner dort (in Siebenbürgen) wohnen und leben.“ Die Beiheimateten.
In der Diskussion ergriff auch eine Frau aus Foc{ani das Wort und zeigte für alle Anwesenden noch eine weitere Sichtweise auf den Roman auf. „Als ich das Buch gelesen habe, war es eine große Überraschung. Wir in der Moldau sind die Rumänen, wir erleben den rumänischen Zustand, ohne uns diesem bewusst zu sein“, erklärte sie. „Wir sind uns nicht bewusst, was es heißt, Rumäne zu sein. Wir leben es, Rumäne zu sein. Ich habe im Buch gemerkt, dass man in Siebenbürgen gespürt hat, was es bedeutete, Rumäne zu sein, denn es gab einen Kontrast zu den Sachsen und den Ungarn. Wir erleben das Buch ganz anders als ein Sachse. Für uns eröffnet sich eine andere Welt, die es in unserem Land gab.“ Die unausgesprochene Frage, die sie zurücklässt, ist: Kann ein Staat Heimat sein?