Katzendorf - Stadtschreiber gibt es im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl, selbst im siebenbürgischen Hermannstadt/Sibiu versuchte man zuletzt, einen solchen zu etablieren. Neu hierzulande ist dagegen das Phänomen des Dorfschreibers. In Katzendorf/Caţa wurde am 1. Oktober erstmals ein solcher Preis verliehen. Preisträger ist der deutsche Autor Elmar Schenkel. Das kulturelle Rahmenprogramm endete am Montag mit der Aufführung eines Theaterstückes, in dessen Mittelpunkt der Dichter Oskar Pastior steht.
Der Dorfschreiberpreis geht auf eine Idee des in Katzendorf geborenen Dichters, Dramaturgen und Filmemachers Frieder Schuller zurück. Es sei nichts großartiges, kein Oscar, sondern lediglich eine „Katze mit einer Feder“, meinte Schuller im Katzendorfer Pfarrgarten, bevor er die vom Bukarester Bildhauer Daniel Răduţă geschaffene Skulptur an Schenkel überreichte. Ausgelobt wurde der Preis zusammen mit dem rumänischen Schriftstellerverband, der durch Dan Mircea Cipariu, Vorsitzender der Poesiesektion des Verbandes, und Doru Munteanu, Leiter der Kronstädter Filiale, vertreten war sowie der deutsch-rumänischen Stiftung Aspect/Felicia und der Zeitschrift „Satul“. Der Preis ist nicht mit Geld dotiert, aber der Preisträger darf ein Jahr lang unentgeltlich im Katzendorfer Pfarrhaus wohnen. Unterstützt wurde die Verleihung vom Deutschen Generalkonsulat Hermannstadt/Sibiu.
„Die Verleihung hat mich sehr geehrt und ich fühle mich auch sehr verpflichtet, hier ein Jahr immer wieder zu kommen und mich mit Siebenbürgen, mit der Geschichte, mit den heutigen Verhältnissen zu beschäftigen, auch mit Rumänen, Sachsen, Zigeunern, und darüber zu schreiben, zu erzählen“, versprach Preisträger Schenkel, „denn in Deutschland wisse kaum noch einer, was Siebenbürgen bedeutet“.
Der 58-Jährige ist Schriftsteller, Essayist und Professor für Englische Literatur an der Universität in Leipzig. Bereits vor einem Jahr machte der damalige Fahrradreisende Halt in Katzendorf, wo er einen Einblick in das „alteingesessene Siebenbürgen“ bekommen habe. Die Chronik von Katzendorf sei zum Glück schon geschrieben, aber er wolle Briefe aus Katzendorf an die Welt schreiben.
Um die Preisverleihung erlebten die deutschen und rumänischen Gäste – kaum ein Siebenbürger Sachse nahm an den „Katzendorfer Literaturtagen“ teil – ein stimmungsvolles, kulturelles Rahmenprogramm. Die Dichterin Luminiţa Cioabă, Schwester des Hermannstädter Zigeunerkönigs Florin Cioabă las Samstag am Lagerfeuer Gedichte auf Romanes – mit anschließender deutscher Übersetzung. Historisches gab es bereits am Nachmittag auf dem evangelischen Friedhof.
Hier informierte die Berliner Literaturwissenschaftlerin Michaela Nowotnick – die derzeit an ihrer Dissertation über Eginald Schlattner arbeitet – die Gäste über deutsche Autoren in Siebenbürgen, darunter die Lehrtätigkeit von Martin Opitz in Karlsburg/Alba Iulia, die märchenhaften Briefkontakte zwischen den Brüdern Grimm und Josef Haltrich oder die Erstveröffentlichungen deutscher Autoren in siebenbürgischen Literaturzeitschriften wie „Klingsor“ oder „Die Karpathen“.
Am Sonntag ging es nach Schäßburg/Sighişoara. Erste Station war das Naturschutzgebiet „Breite“ südlich der Stadt. Unter „tausendjährigen Eichen“ las Preisträger Schenkel aus einigen seiner Essays. Im Anschluss fuhr der Kulturtross zum Schmiedeturm/Turnul Fierarilor auf der Burg, wo die siebenbürgische Künstlerin Katharina Zipser-Hienz bis zum 30. Oktober eine Retrospektive ihres Lebenswerkes zeigt.
Am Montag boten fünf Schauspieler des Hermannstädter Radu-Stanca-Theaters eine szenische Lesung des von Schuller geschriebenen Stückes „Ossis Stein oder der werfe das erste Buch“ über Oskar Pastior. Eginald Schlattner berichtete an diesem Tag aus seiner Tätigkeit als Gefängnispfarrer, der Leipziger Reinhard Bohse, Mitbegründer des Neuen Forums, erzählte von den Ereignissen im Wendejahr 1989.