Hermannstadt - Geschuftet haben sie wie die Sklaven im Mittelalter. Geweckt wurden sie um 4 Uhr früh, um 6 Uhr begann die Fron, die mit einer Mittagspause bis 19 Uhr andauerte. Der Speisezettel war karg, sie hatten kein warmes Wasser, konnten ihre Wäsche nicht sauber halten. Ilie Berghezan, der vormalige Vorsitzende des Verbands der politischen Häftlinge im Kreis Hermannstadt/Sibiu, berichtete am Donnerstag vom „Kanal“. Zwei Jahre musste er dort abbüßen, am „Friedhof der Zivilgesellschaft in Rumänien“. Gesprochen hat er anlässlich der Vernissage der Ausstellung über die Zwangsarbeitslager am Donau-Schwarzmeer-Kanal, die bis zum 24. Dezember im Innenhof des Rathauses zu sehen ist.
Die vom Internationalen Studienzentrum des Kommunismus innerhalb der Academia Civică in Zusammenarbeit mit dem Verband der ehemaligen politischen Häftlinge, dem Rat für das Studium der Securitate Archive (CNSAS) und der Kreisfiliale Konstanza der Nationalen Historischen Archive mit Förderung durch die Konrad-Adenauer-Stiftung erarbeitete Exposition ist die bereits dritte Wanderausstellung dieses Studienzentrums, die auch nach Hermannstadt gelangt. In ihr sind Erlasse, Berichte und Fotos von Zwangsarbeitern sowie ihren Sicherheitsbewachern, eine Liste von am Kanal Verstorbenen aber auch historische und technische Angaben zum Kanalbau und eine Karte mit den Arbeitslagern zu sehen.
Auf die Idee und die Geschichte des Kanalsbaus ging bei der Vernissage Geschichtefachlehrerin Alexandra Sava ein. Ende der 1950er Jahre war es die größte Baustelle im Land – eine jedoch sinnlose Investition, deren Kosten laut Hochrechnungen in 600 Jahren abgegolten werden, die hier verlorenen Menschenleben aber bleiben unwiederbringlich. Seit Anbeginn wurden politische Häftlinge als billige Arbeitskraft genutzt. Wie es die Kopie des Dekrets Nr. 6 vom 14. Januar 1950 veranschaulicht, waren die Zwangsarbeitslager gegründet worden, um hier „der Volksrepublik Rumänien feindlich gesinnte Elemente“ umzuerziehen und sie „für die Eingliederung ins soziale Leben unter den Bedingungen der Volksdemokratie und des Aufbaus des Sozialismus“ vorzubereiten.
Diese „Schulung“ musste auch der Organist, Komponist und Bachchor-Dirigent Franz Xaver Dressler über sich ergehen lassen. Ihn erwähnte Dr. Hans Klein, der Vorsitzende des die Ausstellung mitveranstaltenden Hermannstädter Forums in seinem Grußwort als Beispiel dafür, dass Frauen und Männer aller nationalen Zugehörigkeit und Konfession in diese Exterminationslager geschickt wurden. Schwierig sei es festzustellen, wie viele Menschenleben am Kanal endeten, da die Urkunden keine aufschlussreichen Ziffern enthalten, sagte der Historiker Dr. Cosmin Budeancă vom Institut für das Erforschen der Verbrechen des Kommunismus und das Gedenken an das rumänische Exil (IICCMER) in seiner Einführung. Die Exposition über ein weiteres Kapitel der kommunistischen Diktatur in Rumänien kann an Arbeitstagen von 9 bis 16 Uhr besichtigt werden.