Hermannstadt - Saure-Gurken-Zeit während der Sommermonate? Pustekuchen in Hermannstadt/Sibiu. Am Wochenende kann man von Glück reden, wenn sich nicht gleich mehrere Events überlagern. Am vergangenen Samstag und Sonntag hätten Interessierte mit gutem Timing an allen fünf Veranstaltungen – Töpfermarkt, Festival der Roma-Kultur, Schülerprojekt von Händel zu den Beatles, Image-Festival der jungen Jazz-, Punkmusiker und Konzert im Rahmen des Enescu-Festivals – teilnehmen können, da sich die Uhrzeiten nicht überlagerten. Die Qual der Wahl lag diesmal bei den Entscheidungen, ob und was man am Töpfermarkt kaufen soll. Denn, Hand aufs Herz: welcher Haushalt ist noch nicht mit genügend Töpferware, Holzbrettchen, Kochlöffeln usw. bestückt?
Der Gang auf den Töpfermarkt gehört zum Muss bei den Hermannstädtern. Mit leeren Händen kehrt danach kaum jemand heim. Wer nicht wiederstehen kann, für sich selbst noch einen schmucken Krug oder einen Horezu-Teller mit neuem lustigem Kokesch (Hahn) zu kaufen, der denkt an den nächsten und übernächsten Besucher, dem man doch gern etwas schenkt. Bleibt also nur noch die schwere Entscheidung, welchen der Zigtausend Gegenstände wählen. Die Insider/-innen wussten recht bald, was auszuwählen, manchen Besuchern war die Verzweiflung, ob die Wahl nun die richtige ist, am Gesicht abzulesen.
Im Angebot standen auch heuer wieder die üblichen Erzeugnisse: Krüge, Teller, Schüsseln, Vasen, Kerzenständer, Salzbehälter, Eierbecher, Kacheln (als Wandschmuck), Aschenbecher, rustikale Weinkrüge und -becher, Kaffeetassen, Töpfchen und so weiter, von einem Zentimeter bis zu einem Meter groß. Zu haben waren sie in allen Farben, je nach Hafnerzentrum, in dem sie produziert worden sind. Was angesichts der Vielfalt unmöglich scheint, blieb auch heuer nicht aus: eine Neuigkeit. Dénes Máthé aus Korund hatte viereckige, wunderschön bemalte Teller, die auch als Wandschmuck genutzt werden können. Erstmals gab es sodann eine Werkstatt, wo Kinder unglasierte Töpferware bemalen oder selbst töpfern konnten. Samstagmittag war an den beiden Tischen kein Platz leer und es wurde auffallend viel Deutsch gesprochen. Die Urlauber und Touristen waren also noch nicht alle abgereist.
Hübsch, und für das Krisenbudget geeignet, gab es schmucke Anhänger an Lederbändchen, kleine und vielseitig nutzbare Tellerchen oder farbenfroh und lustig bemalte Sticker. Wenig Andrang herrschte bei den Römertöpfen. Wahrscheinlich sind sie in der Mikrowelle unbrauchbar. Ein Magnet für die Kinder waren die schrillpfeifenden Vögelchen, ein Anbieter, in Tracht gekleidet, spielte darauf Hymnen mehrerer Staaten vor. Köstlich auch heuer die Bauerngestalten von Nicolae Diaconu, etwas fragwürdig, das Vaterunser auf den Tellern. Über Geschmäcker lässt sich bekanntlich streiten, weswegen manche es sehr in Ordnung finden, dass buntfarbene Keramik in neuartigen Gestaltungen zur traditionellen Präsenz am Töpfermarkt gehört. Am Samstagnachmittag trat man einander am Töpfermarkt fast auf die Füße. Der allgemeine Eindruck jedoch war, dass wenig gekauft wird.
Loben muss man die Veranstalter des diesjährigen Töpfermarktes: Sie schafften es, den Kitsch in verschmerzbarem Maß zu halten und sicherten eine hervorragende Organisation: Freitagabend war der Große Ring komplett leer und nicht bereits von den Autos der Hafner belagert (wie in manchen Jahren zuvor), Samstagmorgen wurden die Stände eingerichtet und die Autos blieben vom Veranstaltungsort verbannt.