Bukarest - Wer hat das schönste Instrument, stritten sich die Musiker in einem Orchester, und jeder zählte die spezifischen Vorzüge von Klavier, Klarinette, Kontrabaß und Konsorten auf... Doch nichts überbietet an Vielfalt die menschliche Stimme - deshalb ist die Stimme auch das schönste Instrument, leitet der Deutsche Botschafter Werner Hans Lauk das Konzert des Altensteiger Volksensembles in seiner Bukarester Residenz ein, als dessen Mitbegründer vor ca. 25 Jahren er sich outet. Zur Überraschung der Zuhörer gesellt er sich dann im zweiten Akt selbst in die Reihen der Sänger, die am Abend des 29. Mai mit „Lorelei“, dem „Ännchen von Tharau“, „Heidenröslein“ und weitere fröhliche Chorliteratur aus dem 19. Jahrhundert aufleben lassen. „Nur frisch, nur frisch gesungen und alles wird wieder gut!“ Die Freude in den Gesichtern lässt es einen glauben. Der Wald wird poetisch zum „grünen Zelt“ und der „liebste Schatz“ herbeigerufen.
Mit Gottfried August Homilius, Andreas Hammerschmidt, Felix Mendelssohn Bartholdy und Edvard Grieg erschollen dieselben Stimmen dann am Folgetag in der evangelischen Kirche in Bukarest, diesmal ehrfürchtig geistig. Werke unterschiedlichster Stilrichtungen und Epochen - von der Renaissance bis zur Moderne - finden Eingang in das Konzertprogramm des Chors, der seit seiner Gründung 1989 auf Tourneen in Europa, den USA, in Südamerika, Hongkong und den Vereinigten Arabischen Emiraten internationale Anerkennung genießt. Wie auch auf der zurückliegenden Rundreise durch Siebenbürgen.
Die Geschichte des Altensteiger Volksensembles fußt auf einer über fünfzigjährigen Chortradition in dem mittelalterlichen Städtchen im Schwarzwald, wo die Christophorus Kantorei Altensteig als gemischter Jugendchor von Dr. Jürg Wieber gegründet wurde. Am Christophorus-Gymnasium Altensteig wird den Schülern auch heute noch eine systematische Chorschulung in der Grundschule und in speziellen Chorklassen zuteil. Der 2005 ins Leben gerufene Christophorus-Kinderchor Altensteig vertieft diese Musikausbildung und bereitet auf eine Aufnahme in die Christophorus Kantorei vor. Beide Chöre erfreuen sich hoher Beliebtheit und wurden mehrfach, auch international, ausgezeichnet.
Weil viele ehemalige Jugendchormitglieder auch als Erwachsene nicht auf das gemeinsame Singen verzichten wollten, riefen Prof. Dr. Thomas Breitling und Joachim Voll 1989 das Altensteiger Volksensemble ins Leben. Es setzt sich aus ehemaligen Chormitgliedern bzw. den Abiturjahrgängen des Christophorus-Gymnasiums seit 1969 zusammen, die ihre Freude an der Ausübung ihrer Stimmkunst auf hohem Niveau und die Verbindung zur Christophorus-Kantorei aufrecht erhalten wollten.
Unter der Leitung von Dirigent Wolfgang Weible setzte das Ensemble seit 2006 auch neue Akzente bei Themenkonzerten: „Frieden hören“, „Leipzig zieht Kreise“, „Evangelien“ oder „Du hörst mein Schreien“ wollen der Grundaussage des gesungenen Wortes nachspüren und es in seiner gesamten Bedeutungsbreite musikalisch reflektieren.
Chorsingen bedeutet Vielfalt - aber auch Einklang. Ob Botschafter, Bäcker, Theologe oder Kindergärtnerin, es ist die Verschiedenheit der Stimmen, die das Klangerlebnis beschert. Auch teilen die Chorsänger einen Erlebnisraum miteinander, der sich sonst meist in nach Stand, Status und Generationen getrennten Welten abspielt.
Von der zurückliegenden Tournee von Kronstadt/Braşov, Schäßburg/Sighişoara und Hermannstadt/Sibiu nach Bukarest, schwärmen die Mitglieder begeistert: Wundervolle Landschaften, freundliche Menschen, beeindruckende Dorfprojekte und eine spürbare Aufbruchstimmung, lautet ihre Rumäniendiagnose. Nicht nur Botschafter können überzeugende Musiker sein - auch Musiker und ihre Kunst eignen sich mitunter als Botschafter.