Hermannstadt – Dr. Radu Popica, Direktor des Kunstmuseums Bra{ov seit Weihnachten 2018, vertritt die These von Kronstadt als einer „Stadt der Renaissance und der Post-Renaissance. Das ist eine riskante Interpretation, aber ich stehe zu ihr.“ 2020 wurde ihm nach Vorlegen der wissenschaftlichen Arbeit „Centrul artistic brașovean în perioada secolelor XIX-XX (1815 – 1989)“ (Kronstadt als Kultur-Zentrum zur Zeit des 19. bis 20. Jahrhunderts) an der Babeș-Bolyai-Universität Klausenburg/Cluj-Napoca (UBB) die Promotion zum Historiker „summa cum laude“ zuerkannt. Er rechne damit, dass seine Einschätzung auch Kritik und Widerrede auf den Plan rufen werde, stellte Dr. Radu Popica Donnerstag, am 10. November, zur Stunde der Vorstellung seines Sachbuches „Centrul artistic Brașov de la origini până în contemporaneitate. Artele plastice (sec. XV-XX)“ im Blauen Haus des Brukenthalmuseums in den seit langer Vergangenheit ebenso für Hermannstadt/Sibiu spezifischen Raum. Selbst geübte Zweifler werden seinem Versuch, einschließlich jenes Kulturerbe zu dokumentieren, das am verheerenden 21. April 1689 in den Flammen von Kronstadt aufgegangen war, ein gebührendes Maß Respekt zollen müssen. Dass Hermannstadt und Kronstadt in einer von „Zusammenarbeit wie Konkurrenz“ geprägten Beziehung zueinander standen und bekanntlich noch immer stehen, weiß Dr. Radu Popica als Museumsdirektor nur zu genau nachzuvollziehen. Denn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wäre künstlerisch Hermannstadt klar obenauf gewesen, ehe Kronstadt als regionale Hauptstadt der Avantgarde der Szene der bildenden Kunst ihren Stempel aufdrücken sollte.
„Es ist ein couragiertes Vorhaben, sechs Jahrhunderte Geschichte und Kunstgeschichte auf 600 Seiten zu komprimieren“, bemerkte neidlos anerkennend Historikerin Dr. Gudrun-Liane Ittu (links im Bild), wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften in Hermannstadt und bis 1999 Fachkraft des Brukenthalmuseums. Mit Dr. Radu Popica, den sie für den Mut zu „mehr als 2000 Fußnoten“ schätzt, „was sehr viel aussagt“, hat sie im Terrain der Forschung Bekanntschaft geschlossen. Trotzdem ist dessen Paperback mit dem 1790 von Sigismund Rósa gearbeiteten Kupferstich des Kronstadt-Bilds auf schwarzem Cover auch Laien punktuell als ein Nachschlagewerk zu empfehlen, wie Kuratorin Dr. Iulia Mesea vom Brukenthalmuseum bekräftigt. Die 50 Seiten lange Auflistung weiterführender Literatur und das schließende der sieben Buchkapitel als Album mit Fotos von 119 Kunstwerken sprächen für sich und lohnen allemal den Preis von 50 Lei an der Verlagskasse des Kunstmuseums Kronstadt. „Wir Hermannstädter sind im Hintertreffen, weil wir so einen Index unserer Stadt nicht haben“, raunt Dr. Alexandru Chituță, interimistischer Direktor des Brukenthalmuseums.
Das neue Buch widmet Dr. Radu Popica seinen drei Lehrmeistern Dr. Nicolae Sabău, Dr. Gheorghe Mândrescu und Dr. Vasile Oltean sowie der Erinnerung an Gernot Nussbächer und Maja Philippi. Die „Corona“ der 1532 von Johannes Honterus im helvetischen Basel gezeichneten „Chorographia Transylvaniae Sybembürgen“ kommt darin selbstverständlich detailgenau vergrößert zu Ehren. Namen wie Mișu Popp, Traian Mure{ianu, Atanasie Istrătescu, „Ioniță ot Brașov“, „Zugravii Ioan și Iancu și ucenicii lor“, Isidor Neugass, Theodor Georg Fronius, Hans Bulhardt, Friedrich Miess, Arthur Coulin, Hans Eder, Fritz Kimm, Ernst Honigberger, Margarete Depner, Hans Mattis-Teutsch, Ludovic Boroș-Roman, Hermann Morres und Ilias Lafazanis sind im Verzeichnis der Abbildungen vermerkt.
Fünf Lei billiger, aber keinen Deut weniger spannend gestaltet sich das Blättern im Album „Patrimoniu salvat“ (Gerettetes Kulturerbe) von Radu Tătaru, für das Hermannstädter Ioan Muntean sich als Moderator stark machte. Der einzige Restaurator im viel kleineren Team des Kunstmuseums Kronstadt hat vierzehn von ihm selbst restaurierte Ölbilder aus Händen von Eduard Morres, Anton Fiala, Sockl Theodor, Arthur Coulin, Friedrich Miess, Constantin Lecca, Mișu Popp, Henri Trenk, Hans Mattis-Teutsch, Hermann Morres, Csilági István und weiterer anonymer Meister sowie zwei von Ioan Muntean wieder in guten Zustand zurückgebrachte Originalwerke vor, während und nach dem Restaurieren vielfach fotografiert und genauso in seinem neuen Album veröffentlicht. Radu Tătaru, stolz von seiner Ausbildung an Hermannstadts Lucian-Blaga-Universität erzählend, blickt mit beinahe schon etwas zu viel Bescheidenheit zu Ioan Muntean als seinem „Mentoren“ auf. Der freundlichen Kritik von Gastgeber Dr. Alexandru Chituță am Fehlen jeglicher Bildmaße im Album entgegnet er, sie vor der Drucklegung einer Neuauflage nachträglich hinzuzufügen, sollte es auf Erfolg stoßen. Ihm schwebt vor, ein ähnliches Buch auch für Kinder zu schreiben. Ein erster Katalog für diese Altersklasse ist schon seit 2021 erhältlich. „Das Gros unserer Besucher sind Schüler.“ Für Einkäufe ist schlicht der Link muzeulartabv.ro/ro/activitati-muzeu/publicatii/noutati/ zu öffnen.