Schäßburg – In der Klosterkirche von Schäßburg/Sighişoara fand am vergangenen Donnerstag, den 2. August, die Verleihung des Titels „Ehrenbürger des Munizipiums Schäßburg“ an Dr. Karl Scheerer statt. Überreicht wurde ihm die Ehrenurkunde sowie der Schlüssel zur Stadt von Bürgermeister Ovidiu Mălăncrăvean für seinen besonderen Einsatz zur Förderung der Schäßburger Kultur, sein Engagement im Bereich der Kultur sowie der Einwerbung von Geldern für die Wiederherstellung des kulturhistorischen Erbes der Stadt.
„Wer seine Heimat vergisst, verliert seinen festen Halt und am Ende seine Identität. Die Heimat muss aber stetig neu erworben und gestaltet werden. Diese Überzeugung hat Karl Scheerer sein ganzes Leben lang begleitet und sein Handeln bestimmt“, mit diesen Worten begann Stefan Gorczyca, Vorsitzer des Demokratischen Forums der Deutschen in Schäßburg, seine Lobrede.
Karl Scheerer wurde am 27. August 1943 als drittes Kind des evangelischen Pfarrers Josef Scheerer aus Großau/Cristian und seiner Ehefrau Herta (geborene Ungar aus Nadesch) in Botsch/Bato{ geboren. Er wuchs zunächst auf dem großväterlichen Hof in Nadesch auf, ehe er im Rahmen der Familienzusammenführung mit seiner Mutter und den Geschwistern 1957 in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte. Er absolvierte das Gymnasium in Mainz und studierte in Mainz, Innsbruck und Wien Geschichte, Germanistik und Politologie. Im Jahr 1969 führte ihn ein mehrmonatiger Aufenthalt nach Bukarest und Jassy/Ia{i, wo er für seine Dissertation „Die rumänischen Bauernaufstände von 1907“ forschte. Nach seiner Promotion war Dr. Karl Scheerer Dozent für osteuropäische Geschichte an der Universität Mainz, Leiter eines Studienzentrums der Carl-Duisberg-Gesellschaft und wurde 1975 zum Gründungsdirektor der Fortbildungsakademie Sambachshof berufen. Er baute die Akademie in Bad Königshofen in Unterfranken auf und leitete sie bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2002. Im selben Jahr übersiedelte er wieder nach Schäßburg und begann seine ehrenamtliche Tätigkeit in der Stadt und in ganz Siebenbürgen, die von seiner Frau Annemarie, mit der er seit 1971 verheiratet ist, tatkräftig unterstützt wurde.
„Für mich als Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Schäßburg ist es eine große Genugtuung, dass der Stadtrat unserem Ansuchen auf Erteilung der Ehrenbürgerschaft von Schäßburg an unseren Freund Karl Scheerer entsprochen hat, und dafür danken wir ihm und Ihnen, Herr Bürgermeister, ganz herzlich. Karl Scheerer und seine Frau Annemarie haben sich um die Stadt Schäßburg verdient gemacht. Schließen möchte ich mit einem Wort des neuen Ehrenbürgers: ‘Wir haben nur eine Heimat, und die müssen wir hegen und pflegen. Das sind wir unseren Vorfahren und Nachkommen schuldig’“, so Stefan Gorczyca.
Dr. Karl Scheerer ist Mitglied im Landesvorstand des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, stellvertretender Vorsitzer des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen, ehemals Vorsitzer und jetzt Mitglied des Vorstandes des Demokratischen Forums der Deutschen in Schäßburg, ehemals Vorsitzer und jetzt Mitglied des Vorstandes der Asocia]ia [coala din Deal, Mitbegründer und Ehrenvorsitzender der Asocia]ia Universitatea Sighi{oara, Vertreter der Hermann-Niermann-Stiftung für Rumänien und Spendeneinwerber zum Nutzen von Schäßburg und Siebenbürgen. Zu seinen Errungenschaften zählen Generalsanierung und komplette Neuausstattung sämtlicher Gebäude des Joseph-Haltrich-Lyzeums in Eigenregie, die Mittelbeschaffung für die Generalsanierung und Neueindeckung des evangelischen Kindergartens, die Übersetzung und Herausgabe der Schäßburg-Monographie von Gheorghe Baltag und anderer Publikationen mit Bezug zu Schäßburg, die Organisation und Durchführung von über 50 Fortbildungslehrgängen für Lehrer und Schüler an den deutschsprachigen Schulen mit eingeworbenen Mitteln sowie die Sicherung von rund 15 Kirchenburgen mit eingeworbenen Spenden.
„Als ich Schüler der Bergschule war, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich eines Tages Ehrenbürger dieser wunderbaren Stadt werden würde“, mit diesen Worten begann der Geehrte seine Dankesrede.
„Auch als ich mich entschloss, nach meiner Pensionierung hierher zurückzukehren und ehrenamtlich zum Wohle der Stadt tätig zu werden, habe ich nicht daran gedacht. Es war ausschließlich mein Wunsch, mit meinen Möglichkeiten meiner Heimat, die mich nie losgelassen hat, zu dienen. Ich verhehle nicht meine Genugtuung darüber, dass es mir einigermaßen gut gelungen ist. Es wäre mir aber nicht gelungen, wenn ich nicht meine tatkräftige und tüchtige Frau an meiner Seite gehabt hätte. Als ich mit ihr über mein Vorhaben sprach, war sie zunächst überhaupt nicht begeistert: ‘Ich kenne ja niemanden dort und kann auch die Landessprache nicht. Was soll ich also dort? Ja, es ist deine Heimat, aber ich bin in Bayern verwurzelt.’ Nach einiger Zeit kam sie aber zu mir und sagte: ‘Hör zu, Sachse, ich habe nachgedacht und mich entschlossen, mitzumachen. Ich glaube, es wird interessant und ich bin bereit, mit dir ein neues Leben in deiner Heimat zu beginnen.’ Also packten wir unsere Koffer und seither ist sie stets an meiner Seite und unterstützt mich in allen meinen Vorhaben. Ohne sie hätte ich vieles nicht geschafft. Jedes Mal, wenn ich auf Schwierigkeiten stieß oder nicht weiter wusste, hat sie mich nicht nur ermuntert, sondern wusste auch immer einen guten Rat. Übrigens war auch sie es, die mich auf die Idee brachte und insistierte, die Bergschule als erstes großes Investitionsobjekt auszuwählen. Aber nicht genug damit: Sie hat mittlerweile Rumänisch gelernt und impliziert sich sehr erfolgreich selbständig mit viel Phantasie und Tatkraft und mit ihren eigenen Verbindungen zu Sponsoren und Hilfsorganisationen im Interesse des Josef-Haltrich-Lyzeums. Sie hat sich um die Stadt und speziell um das JHL sehr verdient gemacht. Dafür möchte ich ihr an dieser Stelle ganz herzlich danken und ich schließe sie in die Ehre, die mir heute zuteil wurde, voll mit ein.“
„Ich möchte schließlich auch allen Freunden und Helfern, die uns von Anfang an freundlich aufgenommen und unterstützt haben, herzlich danken. Wir haben uns von Anfang an in Schäßburg sehr wohl gefühlt. Recht herzlichen Dank! Ihnen, Herr Bürgermeister, wünsche ich eine glückliche Hand, damit Sie unsere wunderbare Stadt in eine fruchtbare und gute Zukunft führen können“, so Dr. Karl Scherer zum Abschluss seiner Dankesrede.