Hermannstadt/Kronstadt – Weit und breit in den Südkarpaten war sie eine der letzten urigen Berghütten aus der Zwischen- und Vorkriegszeit, denen Rumäniens gelegentlich überzogener Versuch einer Neuausrichtung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nichts anhaben konnte. Seit Donnerstag, dem 8. Februar, zählt jedoch auch die 1936 im Sâmbetei-Tal für etwa 55 Übernachtungsgäste eröffnete Hütte als Wegmarke bergsteigerischer Kultur-Rückschläge, und eine Rekonstruktion des so genannten „Schäßburger Hauses“, das bis zum Zweiten Weltkrieg vom Siebenbürgischen Karpatenverein (SKV) bewirtschaftet wurde, ist mehr denn unwahrscheinlich. Die Unterkunft auf 1401 Metern Seehöhe war zuletzt einige Jahre im Besitz der Unternehmerfamilie Paler, die auch die Luxus-Pension „Miruna“ am rumänisch-orthodoxen Mönchskloster des Sâmbetei-Taleingangs betreibt. Fast sämtliche Details dieses Hütten-Abrisses, von dem die ADZ bereits Samstag, am 10. Februar, kurz berichtete, deuten darauf hin, dass die Zerstörung mutwillig gestartet worden sein muss.
Obwohl Tages- und besonders Übernachtungsgäste die öfters recht lax verwalteten Hygiene-Bedingungen des Hütten-Innenraums im Chor hätten bestätigen können, galt sie zurecht als ein Kult-Chalet, das Architekt Eugen Vaida und Freiwillige der „Ambulanța pentru Monumente“ als Unterkunft zum gemütlichen Feiern von Silvester 2021 und Neujahr 2022 wählten. Dass der steinerne Fundamentbau der Schutzhütte sich ungleich mühsamer als ihre hölzernen Anteile beseitigen lassen würde, ist zu erwarten. Eugen Vaida hingegen ist kein bisschen nach Abwarten zumute. Noch sonntags nach Beginn der immobilen Vernichtungs-Vorgänge setzte er einen öffentlichen Brief an Kulturministerin Raluca Turcan (PNL) auf, worin er sich wie viele andere erklärte Bergfreunde in Rumänien auch über den Auftakt einer „teilweisen“ Demolierung der Hütte im Sâmbetei-Tal „schockiert“ zeigte. Die Erwägungen der Inhaber, das Schutzhaus sei „wegen Feuchtigkeitsbefall, Abblättern des Putzes und Schmutz im Innenraum nicht mehr zu retten“ gewesen, findet der Gründer des Vereins „Monumentum“ und Einsatzleiter der „Ambulanța pentru Monumente“ als über alle Maßen fragwürdig. Ministerin Raluca Turcan fordert er auf, ausnahmslos alle historisch gewachsenen Berghütten Rumäniens von den regional zuständigen Stellen des Kultur-Ressorts für Denkmalschutz begutachten und gesetzlich als wertbeständig deklarieren zu lassen. „Obwohl sie zweifelsohne unsere Geschichte und Identität ausmachen, lässt sich ihr Alter nicht so einfach mit den methodologisch genormten Kriterien für die Festlegung als Baudenkmäler vereinbaren. Umso mehr ist eine Diskussion auf Ebene der Nationalen Kommission für Historische Monumente betreffend diese neuere, doch vernachlässigte Sparte des Kulturerbes nötig.“
Als die „Ambulan]a pentru Monumente“ in den Sommermonaten 2022 das Dach der einzigen Hütte im Leaota-Gebirge, die bald nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden war und nach wie vor auf ihre Wiederöffnung harrt, vollständig neu mit Schindeln deckte (die ADZ berichtete ausführlich am 2. September 2022), hatten Eugen Vaida und sein Team auch den Besitzern der Hütte im Sâmbetei-Tal des Fogarascher Gebirges/Munții Făgărașului ein Angebot unterbreitet, das historisch ungeeignete Blechdach durch Schindeln zu ersetzen. Eine Offerte, die nichts von ihrer Gültigkeit verloren habe, so Vaida. Zudem sichert er Kulturministerin Turcan zu, unter Auflage der Aufnahme eines Verfahrens zur Festlegung der Hütte als Monument den Grundriss und die historische Studie pro bono erarbeiten zu wollen.
Beim zuständigen Denkmalschutz-Amt des Kreises Kronstadt ist bereits ein Ansuchen des Vereins „Monumentum“ auf Start eines einschlägigen Eilverfahrens anhängig. Eugen Vaida führt an, aus eigener Information nichts von einer Zerstörungs-Genehmigung, sondern nur von einer Bewilligung zwecks Restrukturierung der Berghütte gewusst zu haben. Unabhängig von Fall zu Fall erachtet er es als zwingend, ohne Aufschub das Verfahren auf Festlegung als Baudenkmal einzuleiten.
Der abseits des markierten Wanderweges und ordnungswidrig in den Berg geschnittene Forstweg, über den ambitionierte Ausflügler und Naturschutz-Aktivisten seit einigen Jahren klagen, lässt keinen Zweifel mehr an den leider möglichen Folgen des verunstaltenden Treibens im Sâmbetei-Tal dicht unterhalb der Waldgrenze zu: der Bau eines orthodoxen Klosters auf der berühmten Almwiese scheint sämtliche bürokratischen Hürden genommen zu haben, und vom unbefestigten Forstweg, der illegal entstanden ist, erhofft sich auch der Hütten-Besitzer wohl die Zufahrt des schweren Geräts, das den viel größeren und spießigen Nachfolgebau garantieren soll. Eugen Vaida appelliert an Kulturministerin Raluca Turcan, gemeinsam zu zeigen, dass „die politischen Beziehungen der neuen Besitzer von Kulturerbe-Bauten, die nach Bereicherung infolge einer Verwertung von abrasierten Grundstücken ohne Kulturerbe-Bauten streben, das Bedürfnis der Gesellschaft nach Entwicklung auf Basis gesunder Prinzipien nicht unterdrücken können.“