Eine PDF-Datei als Mittel zum Boykott

Temeswarer Kulturhauptstadt-Verein kommt nicht zur Ruhe

Temeswar (ADZ) – Nachdem die für vorige Woche anberaumte Vorstandssitzung des Temeswarer Kulturhauptstadt-Vereins nicht mehr stattfinden konnte, sprach Bürgermeister Nicolae Robu von einem Boykott. Der Vorstand hätte über dringend geforderte Satzungsänderungen beraten müssen, doch dem Temeswarer Anwalt Cristian Clipa, der die neue Fassung der Satzung vorbereiten sollte, wurde die ursprüngliche, längst nicht mehr gültige Variante vorgelegt und dann soll er, einen Tag vor der Vorstandssitzung, eine PDF-Datei bekommen haben, die er als Arbeitsvorlage nicht benutzen konnte. Entsprechend fiel dann die Vorstandssitzung aus und Bürgermeister Robu geriet in Rage. Eindeutig handele es sich um einen Boykott, der Vereinsvorsitzende Horațiu Rada müsse unbedingt klären, wer dahinterstecke. Er könne das Geschehene einfach nicht hinnehmen, es müsse geklärt werden, wer sich solche Spielchen erlaube.

Die Vorstandssitzung hätte aber sowieso nicht stattfinden können, weil kein Quorum zustande kommen konnte. Da der Vorstandsvorsitzende die Sitzung nur 48 Stunden vorher einberufen hatte, teilte der deutsche Kulturmanager Ulrich Fuchs mit, dass er die Sitzung für nicht satzungsgemäß erachte und nicht teilnehmen werde. Derartige Sitzungen müsse man mindestens eine Woche vorher ankündigen, die Teilnehmer sollten rechtzeitig über die Tagesordnung informiert werden. Fuchs, der mehrere Kulturhauptstadt-Projekte betreut hat, zeigte sich von Radas Führungsstil schwer enttäuscht und warf diesem illegales Handeln vor. Man halte sich nicht an internationale Standards und Gepflogenheiten, sodass Fuchs vorläufig seine Vorstandsmitgliedschaft aussetzen wolle.

Bürgermeister Robu teilte währenddessen mit, dass man den Vorstand für den kommenden Donnerstag einberufen habe, bis dann sollen die Satzungsänderungen auch vorliegen. Wenn dies nicht geschehen sollte und der Vorstand erneut nicht tagen könne, habe der Bürgermeister einen Plan B vorbereitet, den wolle er aber noch nicht preisgeben.

Ferner äußerte sich der Bürgermeister zur Frage der Finanzierung eines von Victor Neumann, dem Ehemann der Geschäftsführerin, herausgegebenen Buchs über die Geschichte des Banats. Genau könne er nicht sagen, ob das Buch im Auftrag des Kulturhauptstadt-Vereins veröffentlicht wurde, wahrscheinlich geschah dies, als der Historiker Neumann im Vorstand des Vereins saß. Wenn Vereinsgeld in das Projekt geflossen sei, habe man ein Problem, sagte Robu. Er müsse weiterhin den Verein ermahnen, transparent zu arbeiten. Frau Neumann habe zwar eindeutige Verdienste, aber er könne Fehltritte feststellen, für die er kein Verständnis aufbringen könne. Daraufhin veröffentlichte der Verein eine Mitteilung, wonach das von Victor Neuman koordinierte Buch mit dem Titel „The Banat of Timi{oara. A European Melting Pot“ (auf Deutsch: „Das Temeswarer Banat. Ein europäischer Schmelztiegel“) vom Temeswarer Kulturhauptstadt-Verein weder in Auftrag gegeben, noch finanziert wurde. Der veröffentlichende Verlag und der Herausgeber, Prof. Neumann, hätten das Buch aus eigenen Mitteln bezahlt.