Schäßburg - Ob die Schäden an der Kirchenburg in Nadesch schlimmer sind als befürchtet, hängt davon ab, was man erwartet hat, sagt Sebastian Bethge, Denkmalschutzbeauftragter der Stiftung Kirchenburgen, der die Schäden bereits begutachtet hat. „Vor dem 29. Juni hat niemand mit einem Einsturz gerechnet.“ Am Abend des 29. Juni sind von der Kirchendecke, über der Westempore, der 1851 bis 1853 erbauten Saalkirche sieben Balken hinabgestürzt und haben die darunterstehende Orgel zu großen Teilen beschädigt. Das Orgelgehäuse wurde zerstört, ebenso die Registertraktur, fast alle Metallpfeifen sowie der Blasebalg. Viele kleine Stücke sind hingegen erhalten geblieben, die Holzpfeifen sind nicht so stark beschädigt worden und auch die Windladen sind reparierbar, sagt Bethge. Zusammen mit Orgelbauer Burkhard Wenzel-Gazdag, Vertretern des Schäßburger Kirchenbezirkes und des Arcus-Vereins sowie Mihály Ferenc, einem Holzrestaurator aus Neumarkt/Târgu Mureş, hatte der Denkmalschutzbeauftragte der Stiftung Kirchenburgen die Schäden bereits am 3. Juli erstmals in Augenschein genommen.
Die Ursache sieht der Experte in einem über viele Jahre undichten Dach und dem folglich einfallenden Regen, eben an dieser Stelle im Westteil des Kirchenschiffes. „Die Stelle zwischen Turm und Kirchendach ist immer eine Schwachstelle, weil der Anschluss meist schlecht gepflegt wird, es aber auch schwierig ist diesen zu pflegen.“ Vor einigen Jahren wurde das Dach durch die Heimatortsgemeinschaft repariert, doch der Schaden muss schon zuvor groß gewesen sein. Der Hausschwamm, ein holzzerstörender Pilz und der Holzwurm, ein holzzerstörendes Insekt, konnten sich mindestens an dieser Stelle über längere Zeit unentdeckt ausbreiten. Mehr als 50.000 Euro waren bislang in umfangreiche Renovierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen geflossen, sagt Hans Georg Baier, 1. Vorsitzender der HOG Nadesch.
In der ersten Begehung wurde festgestellt, dass auch das Dach vom Hausschwamm befallen ist, „an der Traufe, dort wo das Dach aufliegt, sind die ersten Meter Holz sehr stark beschädigt, vom Hausschwamm und Regenwasser“, so Sebastian Bethge. „Das statische Gefüge ist sehr schwach, sodass man es nochmal sehr gründlich untersuchen muss.“ Auch ab dem achten Balken findet sich noch der Hausschwamm. „Es muss nun festgestellt werden, ob noch mehr abgebaut werden muss und wie weit der Hausschwamm vorgedrungen ist.“ Es ist durchaus möglich, dass auch Dach und Mauerwerk vom Schädlingsbefall stärker betroffen sind, aber dies können erst zusätzliche Untersuchungen zeigen.
Eine weitere Begehung fand am gestrigen Donnerstag statt. Außerdem müssen nun Gespräche über die Koordination der anstehenden Aufgaben geführt werden. Derzeit laufen bereits zwei abgestimmte Spendensammlungen, durch die Heimatortsgemeinschaft und durch die Stiftung Kirchenburgen. „Wir können jetzt noch weitere Balken abnehmen, wenn wir feststellen, dass diese einsturzgefährdet sind und auch das Dach kann ein wenig repariert werden, aber alles weitere kann erst gemacht werden, wenn ein Projekt steht und weitere Untersuchungen gemacht wurden, und das kostet Geld“, so Bethge. Er warnt auch vor überstürzten Handlungen. Der Denkmalschutz müsse immer beachtet werden und zum anderen sei die Kirchendecke nicht eingestürzt, weil sie alt gewesen ist, sondern weil sie vom Hausschwamm und vom Holzwurm angegriffen wurde. „Alter ist keine Begründung, die Kirche ist aus dem 19. Jahrhundert, aber der Turm ist wesentlich älter und steht noch.“ Wichtig ist, dass stets Spezialisten hinzugezogen werden, bei allen Reparaturarbeiten, um den Denkmalschutz einzuhalten und Schädlingsbefall zu erkennen.
Jährliche Untersuchungen, sagt der Denkmalschutzexperte, seien zudem Aufgabe des Verwalters, also der Kirchenbezirke. „Jeder Bezirk muss seine Kirchen im Jahr einmal gesehen haben und sorgfältig schauen, was dort los ist. Schäden können so zwar nicht behoben werden, aber sie können dokumentiert werden“, stellt Sebastian Bethge heraus. „Das fehlt, glaube ich, sonst hätte man den Einsturz des Kirchendaches verhindern können.“