Erinnern und vergeben

75. Gedenkfeier der Deportation der Sathmarer Schwaben aus Nordsiebenbürgen

Kranzniederlegung an der Gedenktafel der Russlanddeportierten im Kirchenhof Foto: Gabriela Rist

Sathmar - Am 8. Februar wurde auf Regionalebene in Sathmar/Satu Mare an die Russlanddeportation der Sathmarer Schwaben gedacht. Zur Gedenkfeier kam die 93-jährige Maria Tillinger aus Großmaitingen/Moftinu Mare, als einzige von den noch lebenden Verschleppten. Anwesend waren an der Veranstaltung u.a. Karol König, seitens des Kulturministeriums, Radu Bud, Präfekt des Kreises Sathmar, Csaba Pataki, Vorsitzender des Sathmarer Kreisrats und  Robert Laszlo, Direktor des Zentrums für die Bewahrung der Traditionellen Kultur.

Die Erinnerung und die Vergebung waren die zentralen Begriffe der diesjährigen Gedenkveranstaltung in Sathmar, die sowohl von Eugen Schönberger, Bischof der römisch-katholischen Diözese Sathmar als auch von den Vertretern des Deutschen Forums aus Nordsiebenbürgen und der Lokalbehörden formuliert wurden. „Heute erinnern wir uns an die vor 75 Jahren geschehene Ungerechtigkeit, dass junge Leute unschuldig in die ehemalige Sowjetunion verschleppt wurden. Sie haben viel gelitten und gehungert, aber das größte Leid für sie war, dass sie nicht wussten, ob sie irgendwann noch heimkehren können. Viele von ihnen starben dort oder wurden krank und starben nach ihrer Heimkehr“, sagte der Bischof in seiner Predigt im Rahmen des Gedenkgottesdienstes in der Kalvarienkirche. Schönberger machte die Anwesenden anschließend auf die Vergebung aufmerksam: „In unsrem Herzen sollen nicht das Leiden und die Wut, sondern die Vergebung und sogar die Versöhnung Platz haben, denn der Höhepunkt des Christentums ist, dass wir unseren Feinden vergeben können und für sie sogar beten können, so wie Christus das getan hatte“, so der Bischof. An der Gedenktafel der Russlanddeportierten im Kirchenhof fand nach der Messe die Kranzniederlegung statt. Dabei sang der Schwäbische Männerchor Großkarol-Patrifeld-Sathmar das Russlandlied. Der zweite Teil der Gedenkfeier wurde im Kreismuseum veranstaltet. Eine Ausstellung, die sich u.a. mit dem Hintergrund der Verschleppung, der Deportationsjahre und der Heimkehr der Sathmarer Schwaben aus der Deportation befasst, wurde von Daniela Bălu, stellvertretende Direktorin des Kreismuseums und Arthur Glaser, Kulturmanager des Instituts für Auslandsbeziehungen in Stuttgart (ifa) für die zahlreichen Anwesenden im Foyer des Museums vorgestellt. Vor der Präsentation des Dokumentarfilms von Florin Besoiu über die Russlanddeportation der Sathmarer Schwaben sprachen Josef Hölzli, Vorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen, Johann Leitner, Vorsitzender des Kreisforums Sathmar und Stefan Kaiser, DFD-Vorsitzender des Stadtforums Sathmar zu den Anwesenden. „Seit 25 Jahren werden im Kreis Sathmar Gedenkveranstaltungen als Erinnerung an die Deportation der rund 5000 Sathmarer Schwaben organisiert. Wir sollen uns immer wieder an ihr Leid erinnern wie auch an die Nachwirkungen der Verschleppung. Die Heimkehrenden und auch ihre Verwandten hatten nach der Deportation Angst, sich als Angehörige der deutschen Minderheit zu bekennen, damit sie nicht wieder deportiert werden“, sagte Hölzli. Stefan Kaiser, Vorsitzender des Stadtforums Sathmar, las den Brief von Iulius Hager, ehemaliger Russlanddeportierter, vor. Johann Leitner, Vorsitzender des DFD Kreis Sathmar betonte, dass die einzige Schuld der Verschleppten ihre Angehörigkeit zur deutschen Minderheit war. Im Dokumentarfilm kamen vier Zeitzeugen, ehemalige Russlanddeportierte zu Wort, die vor allem über die Umstände ihrer Verschleppung, die Deportationszeit und ihre Heimkehr berichteten. Karol König, Vertreter des Kulturministeriums, erzählte den Anwesenden, wie seine Familie dank eines wohlwollenden Menschen der Deportation entkam. Aufmerksam verfolgten alle Anwesenden die Worte des 93-jährigen Maria Tillinger, die an eine kurze Episode ihrer Deportationszeit erinnerte, als sie im Bergwerk, wo sie gearbeitet hatte, einen Unfall erlitt und glücklicherweise den Unfall heil überlebte. Die Gedenkfeier endete mit einem kurzen Programm der Schüler des Kölcsey-Ferenc-Nationalkollegs und des Männerchors Großkarol-Petrifeld-Sathmar sowie mit der Wortmeldung von Radu Bus, Präfekt des Kreises Sathmar, der in seiner Rede die Wichtigkeit der Erinnerung und der Vergebung unterstrich.