Erneut Polit-Gezänk um Kulturhauptstadt-Finanzierung

Bürgermeister Fritz: Es gibt nur einen Verlierer, nämlich die Stadt Temeswar

Temeswar (ADZ) – Sechs Monate vor Beginn des Kulturhauptstadt-Jahres droht dem seit Anfang 2018 von Gezänk und Streiterei geprägtem Vorhaben das Fiasko: Presseinformationen zufolge soll der Temescher Kreisratsvorsitzende und PNL-Kreisverbandschef Alin Nica seinen Bukarester Vorgesetzten, Premierminister Nicolae Ciuca, überzeugt haben, den Entwurf einer Dringlichkeitsverordnung von der Tagesordnung der Regierungssitzung von dieser Woche zu streichen, nur damit der von der USR regierten Stadt Temeswar der Geldhahn für die Finanzierung der arg in Verzögerung geratenen Investitionen für 2023 zugedreht wird und die USR keinen Erfolg verbuchen kann. Konkret ging es um die Novelle einer von der PSD-Regierung unter Viorica Dancila 2019 verabschiedeten Dringlichkeitsverordnung, die die Finanzierung des Kulturhauptstadt-Programms und der damit verbundenen Projekte vorsah. Nun sollte endlich Geld locker gemacht werden, doch dazu kam es nach den angeblichen Machenschaften Alin Nicas nicht mehr.

Für Dominic Fritz gehöre der jüngste Streich der Liberalen zu einem verzweifelten politischen Kampf, allein dessen Verlierer sicher sei, nämlich die Stadt Temeswar. Das Bürgermeisteramt müsse all das umsetzen, was mit der Europäischen Kommission vereinbart wurde; die Regierung und auch der Kreisrat haben von allen Vereinbarungen Kenntnis und wissen ganz genau, dass die Finanzierung der Projekte auch aus Mitteln des Staatshaushaltes laufen müsse. Die Stadt selbst sei ihren Verpflichtungen nachgekommen. Es gäbe aller-dings einige, die nicht verstehen würden, dass nicht nur das Image der Stadt auf dem Spiel stehe, sondern auch das Image Rumäniens. Niemand sei an Spielchen von Lokalpolitikern interessiert, die über den eigenen Tellerrand nicht hinausschauen können und alles nur im Kontext ihrer eigenen Politkarrieren begreifen können, sagte der Bürgermeister.

Am Mittwoch erklärte dann der Kreisratsvorsitzende, dass die Novelle der Regierungsverordnung nicht mehr verabschiedet wurde, weil die Stadt Temeswar nicht in der Lage sei, das zugesicherte Geld auszugeben und Projekte rechtzeitig umzusetzen. Die Fritz-Verwaltung tische den Bürgern nur Propaganda auf. Der Kreisrat habe der Regierung vorgeschlagen, nur jene Projekte zu finanzieren, die bis zum 1. Januar 2023 auch umgesetzt werden können, man könne nicht den USR-Phantasien hin-terherjagen, um am Ende mit leeren Händen dazustehen, setzte Nica fort. Der Bürgermeister sei auf die Erfolge des Kreisrates neidisch und wolle den Kreisrat aus dem Kulturhauptstadt-Programm mit allen Mitteln entfernen. Fritz wolle Regierungsgelder nur, um sie an die USR-Klientel weiterzuleiten, so wie das bereits beim Projekte-Zentrum der Stadt Temeswar geschehen sei. Ihm mangele es aber nicht an Geld, sondern an Fachverstand, seine Leute seien einfach unfähig, das Kulturhauptstadt-Projekt erfolgreich umzusetzen. Bei der USR sei der Hunger groß, man müsse all jene bezahlen, die 2020 die USR-Kampagne finanziert hätten, sagte Nica. Fritz sei aufgefordert, alle seine Anschuldigungen zu beweisen, sonst werde Nica ihn verklagen. Die DNA-Staatsanwälte hätten bislang dem Bürgermeisteramt einen Besuch erstattet und nicht dem Kreisrat. 2024 werde der USR-Spuk aufhören, versicherte Nica. Fritz habe als Held begonnen und ende als große Null.

Was die Finanzierungsanträge anbelangt, wolle der Kreisrat für 11 Millionen Lei eine Art Riesenzelt für 17.000 Personen erwerben, das auf dem Flugplatz Cioca aufgestellt werden und als Austragungsort für die Events des Kulturhauptstadt-Jahres dienen könne. Für 11,5 Millionen Lei müsse das Kunstmuseum mit einem Überwachungs- und Antidiebstahlsystem ausgestattet werden und 5,3 Millionen Lei müsse man in die Ausstellungsräume der Theresienbastei investieren. Von alldem wisse Fritz nichts, ihm sei nur Unfähigkeit vorzuwerfen, einen schlechten Willen wolle Nica dem Bürgermeister nicht vorwerfen. Es stimme ihn traurig, dass um die Kulturhauptstadt so viel gestritten werde, schloss der Kreisratsvorsitzende.

Bürgermeister Fritz erwiderte, dass 90 Prozent aller Vorhaben, die von der Stadt Temeswar umgesetzt werden müssen, fertig sind oder bald fertig sein werden. Das meiste habe man in den vergangenen 18 Monaten erreicht, die Mittel seien allein aus dem Stadthaushalt gekommen. Die Kulturmittel der Stadt seien drei Mal höher als jene des Kreisrates. Keines der vier Infrastrukturprojekte im Kulturbereich, die der Kreisrat seine eigenen nennt, sei abgeschlossen, ja nicht einmal begonnen, heißt es in der Mitteilung der Stadt. Am schlimmsten sei es um das Hunyadi-Schloss bestellt. Der Kreisratsvorsitzende sei also keineswegs in der Lage, andere zu kritisieren, er denke an nichts anderes als an seine eigene Karriere.

Am Donnerstag sollte das Kabinett die Novelle der Dringlichkeitsverordnung Nr. 42/2019 noch einmal besprechen. Währenddessen schaltete sich auch der PSD-Kreisvorsitzende Alfred Simonis in die Debatte ein, überraschenderweise schlug er sich auf die Seite der Stadt und ihres Bürgermeisters. Der Kreisratspräsident sei engstirnig und denke nur in politischen Kategorien. Er wolle das Geld, das der Stadt Temeswar zusteht, an seine PNL-Freunde in Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare und Tschakowa/Ciacova verteilen, sagte Simonis am Mittwoch. Er habe dem Regierungschef und dem Kulturminister gesagt, dass es nicht normal sei, dass die Stadt weniger Geld als der Kreis bekomme. Den Titel trage die Stadt und nicht eine andere Ortschaft, sie habe bereits viel Geld in diese Geschichte investiert und müsse die Chance entsprechend nutzen, sagte Simonis. Was Nica machen wolle, nämlich das Geld unter seinen Leuten zu verteilen, sei inakzeptabel. Sollte die Novelle der Dringlichkeitsverordnung dies zulassen, werde man sie im Parlament abändern, versicherte Simonis, der der PSD-Fraktion in der Abgeordnetenkammer vorsteht. Dass dadurch der Reinfall vorprogrammiert sei, interessiere den engstirnigen Nica nicht, die Wähler werden ihn jedoch abstrafen, schlussfolgerte Simonis.