Temeswar (ADZ) – Die am Dienstag stattgefundene Sitzung des Temeswarer Stadtrats war erneut Anlass für heftigen Streit und schwere Vorwürfe unter den Ratsherren und -herrinnen. Wichtigste Zankäpfel waren wie inzwischen üblich die aussichtslose Finanzlage des Fernwärmelieferanten Colterm und die Art und Weise, in der Bürgermeister Dominic Fritz und seine Verwaltung die zahlreichen Probleme des Unternehmens in den Griff bekommen wollen. Der Bürgermeister wollte den Stadtrat erneut über den Endverbraucherpreis abstimmen lassen, da eine Berichtigung vonnöten geworden war. Als der Preis erhöht wurde, hatte man aus Versehen in den Beschluss geschrieben, dass die dem Endverbraucher in Rechnung zu stellende Mehrwertsteuer bei 19 Prozent liegt, obwohl die Regierung sie mit dem 1. Januar 2022 auf 5 Prozent gesenkt hatte.
Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Dan Diaconu, fragte den Bürgermeister, ob „die große Anwaltsfirma, die unter Vertrag steht, uns nicht hätte sagen müssen, dass die Mehrwertsteuer bei 5 Prozent liegt“ (gemeint ist die Rumänien-Filiale der österreichischen Kanzlei Schönherr – Anm. d. Red.) und ob bereits falsch berechnete Rechnungen ausgestellt wurden. Auch wies Diaconu darauf hin, dass wegen der Kälte der Präsenzunterricht in zahlreichen Schulen aufgehoben bleibt, während in anderen die Kinder bei 16 Grad Raumtemperatur ausharren müssen. Bürgermeister Fritz sagte, dass keine Rechnungen mit falsch berechneter Mehrwertsteuer verschickt wurden. Um aber die Innentemperaturen um 5 Grad erhöhen zu können, müsste Colterm weitere 800.000 Lei pro Tag, also 25 Millionen Lei pro Monat, ausgeben, das Geld habe die Stadt einfach nicht. Für Januar werde die Regierung nicht einmal 10 Millionen Lei bereitstellen, die Stadt müsse aber bereits Gas und Kohle für März einkaufen.
Fritz wurde von Roxana Iliescu unterbrochen, die „Pro România“-Stadträtin warf dem Bürgermeister vor, er sei nicht in der Lage, den Stadtrat genau über die Gas- und Kohlemengen zu informieren, die Colterm in den kommenden Monaten verbrauchen werde, und über deren Kosten. Dem Bürgermeister platzte daraufhin der Kragen, er hieß Iliescu in der Wirklichkeit des Erdgasmarktes willkommen. Man hänge von den Preisen auf dem Spotmarkt ab, diese würden sich täglich ändern. Es gab Tage, an denen man Gas mit 800 Lei pro Megawattstunde kaufen musste, an anderen mit nur 450 Lei. Mit der Antwort war Iliescu nicht zufrieden, sie wies sodann auf den niedrigen Heizwert der benutzten Kohle hin. Die Entgegnung kam von Vizebürgermeister Ruben Lațcău. Nicht der Heizwert der Kohle sei das Problem, sondern die veraltete Technik, über die Colterm verfüge. Die Verbrennungsanlagen seien alt, man habe sie nur notdürftig geflickt. Daraufhin bezichtigte Iliescu den Vizebürgermeister der Lüge, bei der vorangegangenen Stadtratssitzung habe er doch erklärt, dass alles einwandfrei funktioniere. Auch PNL-Ratsherr Simion Moșiu mischte sich ein und sagte, dass er nicht verstehen könne, warum die Anlagen bei 10 Grad Außentemperatur nicht funktionieren würden, er wolle sich nicht vorstellen, was dann bei minus 10 Grad passieren würde. Vielleicht sei ja nicht die Technik das Problem, sondern das Team. Fritz sollte sich sein Team näher anschauen, sagte Moșiu. Ein anderer PNL-Ratsherr pflichtete dem bei: In Schulen und Wohnungen sei es weiterhin kalt, alle wüssten, wie kalt es auch in den Spitälern gewesen ist. Niemand habe sich bei den Bürgern entschuldigt, das sei das Einzige, was die USR-Verwaltung machen sollte, sich zu entschuldigen, sagte Adrian Lulciuc.
Vizebürgermeister La]c˛u wollte erwidern, doch der PNL-Fraktionsvorsitzende Diaconu ließ ihn nicht mehr sprechen. La]c˛u solle sich erinnern, dass er vor seinem Amtsantritt im Bürgermeisteramt nur ein bedeutungsloser Teamleiter bei einer privaten Firma gewesen ist und von der Colterm-Problematik keine Ahnung gehabt habe. Jetzt glaube er, bestens Bescheid zu wissen, würde aber nur wiederholen, was ihm der eine oder andere zugeflüstert habe, sagte Diaconu. „Teamleiter hin oder her, wenigstens habe ihn die Partei (die PNL, Anm.d.Red.) nicht zum Direktor von staatlichen Institutionen gemacht, wie einige der anwesenden Ratsherren“, antwortete La]c˛u. Er habe von nichts eine Ahnung und sei von einer Unverschämtheit und Unerzogenheit, wie er sie noch nie in seinem Leben gesehen habe, schlussfolgerte Diaconu daraufhin. Der liberale Vizebürgermeister Cosmin Tab˛r˛ griff La]c˛u ebenfalls an und sagte ihm, dass ihn doch die Partei (die USR, Anm.d.Red.) zum Vizebürgermeister gemacht habe und dass er es sich nicht mehr anmaßen solle, allen anderen Lektionen zu erteilen.
Letztendlich nahm der Stadtrat den Berichtigungsvorschlag des Bürgermeisters an, im ähnlichen Ton wurde allerdings auch über andere Tagesordnungspunkte gestritten, so zum Beispiel über einen neuen Sitz für den Kulturhauptstadt-Verein. Roxana Iliescu hatte einen Antrag für die Erteilung entsprechender Räumlichkeiten gestellt, Bürgermeister Fritz fragte sie, ob sie sich mit dem Vorsitzenden des Vereins, also mit ihm, darüber auch beraten habe. Unterstützt wurde Iliescu von Vizebürgermeister Tab˛r˛, der Fritz darauf hinwies, dass jedes Stadtratsmitglied Anträge stellen dürfe.