Hermannstadt – Am Mittwoch zählte der Landeskreis Hermannstadt/Sibiu mit 703 registrierten SARS-CoV-2-Infektionen den bisherigen Höchststand der vierten Covid-19-Welle. Dabei wurden in den 24 Stunden zuvor lediglich 767 Covid-19-Tests durchgeführt, was eine Positivrate von 92 Prozent bedeutet. Nur einen Tag später wurden allerdings bei 754 durchgeführten Test lediglich noch 175 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Die Direktion für öffentliche Gesundheit des Landeskreises Hermannstadt erklärte dazu, dass der hohe Prozentsatz an positiv getesteten Personen auf die große Anzahl von Tests in Sozialeinrichtungen zurückzuführen sei.
Gegenüber „Turnul Sfatului“ erklärte der Temeschwarer Epidemiologe Octavian Jurma und ehemalige Berater des rumänischen Gesundheitsministeriums, dass dies allerdings nicht die echten Daten seien, sondern Strategie der Behörden, um die politischen Entscheidungen zu validieren. Jurma meint, dass in der Phase der steigenden Inzidenz die Zahlen nach unten korrigiert wurden, um das Fehlen von Maßnahmen zu rechtfertigen und diese nun, da die landesweite Inzidenz rückläufig ist nachgetragen werden. „Es ist ein System der doppelten Buchführung, welches von Mafia-Filmen inspiriert ist. Die nationalen Fälle werden getrennt von den Fällen in den Kreisen gemeldet. Zunächst steigt die landesweite Inzidenz schneller als die lokalen Inzidenzen, sodass in den Städten und Gemeinden einschränkende Maßnahmen verzögert werden. Während des Sinkens der landesweiten Inzidenz werden die Fälle dann in den Landeskreisen nachgetragen, wo die Inzidenz folglich steigt. Das spielt für mögliche Maßnahmen allerdings keine Rolle mehr, da nun auf die Abnahme der landesweiten Inzidenz verwiesen wird.“
Jurma veröffentlichte zudem eine Prognose für die Entwicklung der Inzidenz in den kommenden Wochen. Demnach falle diese bis Weihnachten in fast allen Landeskreisen unter 3. In Hermannstadt würde die Inzidenz an Weihnachten allerdings noch bei 9 bis 10 liegen, so seine Prognose. „Ich bin mir nicht sicher, ob es die letzten Nachtragungen sind. Auf Kreisebene gibt es einige sehr fragwürdige Entwicklungen“, sagte Jurma und fügte an anderer Stelle hinzu: „Hermannstadt ist ein klarer Ausreißer, aber es kann sich auch um Nachtragungen handeln, was bedeuten würde, dass die Inzidenz möglicherweise massiv unterschätzt wurde.“