Facebook-Skandal: Gaststätten-Betreiber verunglimpft Bürgermeister

Alin Nica: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“

Temeswar (ADZ) – Er sei ein Schurke und eine „Nazi-Brut“, hatte der umstrittene Temeswarer Geschäftsmann Dan Dinu am Freitag über den Temeswarer Bürgermeister Dominic Fritz bei Facebook geschrieben und dadurch einen mehrtägigen Skandal ausgelöst. Dinu, der in Temeswar mehrere Restaurants und ein Hotel betreibt und sich mit dem Bürgermeister frühestens seit den Covid-19-Restriktionen im Krieg befindet, hatte eine Videoaufzeichnung aus seinem Urlaub in der südfranzösischen Stadt Pau hochgeladen und Fritz aufgefordert, aus dieser zu lernen und keine gemeinsamen Fotos mehr mit dem in Temeswar verweilenden US-amerikanischen Schauspieler John Malkovich zu machen, denn es sei nicht sein Verdienst, dass Malkovich nach Temeswar gekommen sei. Hintergrund für die Attacke ist jedoch nicht der Besuch von Malkovich, sondern die Querelen des Gaststätten-Betreibers Dinu mit der Stadtverwaltung, die ihm vorgeworfen hatte, den öffentlichen Raum mit seinen Biergärten illegal zu besetzen.

Der Bürgermeister reagierte sofort; was ihn am meisten schockiere, sei die Tatsache, dass Dinus Facebook-Kommentar von Vielen gelikt wurde, darunter befinden sich der AUR-Abgeordnete Titi Stoica (jener, der den DFDR-Abgeordneten Ovidiu Gan] als Nazi bezeichnet und seine Parlamentarierkollegen mitten in der Nacht telefonisch terrorisiert und einen mit dem Tod bedroht hatte, die ADZ berichtete), der PNL-Abgeordnete Cosmin Șandru (der von der DNA wegen Korruption strafverfolgt wurde und sich nun vor Gericht verantworten muss), der ehemalige Staatssekretär im Kulturministerium, Ion Ardeal Ieremia (PSD), der PNL-Stadtratsabgeordnete Lorenzo Barabas, der PNL-Kreisratsabgeordnete Liviu Cocean, mehrere Anwälte oder die Journalistin und ehemalige Rotary-Klubvorsitzende Lia Lucia Epure. In Rumänien seien die Hälfte der Schüler Opfer von Bullying. Rumänien belege den dritten Platz in einer Bullying-Statistik der Weltgesundheitsorganisation, schrieb Fritz ferner. Ein Diskurs wie jener von Dinu dürfe in Temeswar nicht zur Normalität werden, egal wer das Opfer sei. Deshalb werde Fritz gegen Dinu eine Klage beim Landesrat für die Bekämpfung von Diskriminierung einreichen und den Autor sowie all jene, die dessen Facebook-Kommentar geteilt haben, auf Schadenersatz verklagen. Zahlreiche Bürger ergriffen Partei für Fritz, mehrere riefen ihre Mitbürger auf, Dinus Gaststätten zu boykottieren. 

Daraufhin sagte Dinu, er halte an seinen Aussagen fest, auch solle Fritz den Temeswarern erklären, ob sein Großvater bei der „SS-Luftwaffe“ gewesen sei, die es bekanntlich nicht gegeben hat. Auf Dinus mangelndes geschichtliches Wissen wiesen daraufhin mehrere Bürger hin, die ihn auch daran erinnerten, dass die Großväter vieler Rumänen mit den Großvätern vieler Deutscher bis 1944 gemeinsam gekämpft hätten und dass kein heute Lebender für die Fehler seiner Großväter zur Verantwortung gezogen werden dürfe. Dinu könne es kaum erwarten, vor Gericht zu erscheinen, um dort zu beweisen, dass der Großvater von Fritz SS-Mitglied gewesen sei. Die Temeswarer sollten die Wahrheit über die Familie ihres Bürgermeisters kennen. Warum sie das interessieren müsse, sagte Dinu allerdings nicht.

Der Temescher Präfekt Mihai Ritivoiu (PSD) reagierte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des sozialdemokratischen Temeswarer Stadtvereins. Es gehe zwar um ein banales Like, die Geste seines Parteikollegen Ion Ardeal Ieremia könne er trotzdem nicht nachvollziehen, er möchte sich davon kategorisch abgrenzen. Dinus Kommentar sei eine grobe Beleidigung des Bürgermeisters, mit dem er zwar politisch, ideologisch und verwaltungstechnisch nicht im selben Boot stehe, er ihn aber als Mensch respektiere und unterstütze, sagte Ritivoiu. Mit seinem „Noch-Parteikollegen“ Ieremia werde er noch sprechen. Um einen Rauswurf nicht zu riskieren, erklärte Ieremia daraufhin, er habe sowohl die PSD-Mitgliedschaft als auch die Freundschaft mit Ritivoiu aufgekündigt. 

Professor Vasile Popovici, Rumäniens Ex-Botschafter in Portugal und im Königreich Marokko, schrieb am Samstag, dass das Schweigen der Temeswarer Zivilgesellschaft nach Dinus Attacke schockierend und beschämend sei, genauso wie das Schweigen der Politiker. Der erste, der  derartige Angriffe auf Fritz geübt habe, sei Ex-Bürgermeister Nicolae Robu, der „nach seinem Stuhl heule und kreische“, als handele es sich um ein Stück Familienerbschaft. Präfekt Ritivoiu sei dagegen für seine Stellungnahme zu beglückwünschen. Verstörend sei, dass die PNL kein Wort über den Vorfall verliere. Man würde dort nicht verstehen, dass es nicht darum gehe, einen politischen Widersacher zu verteidigen, sondern ein Prinzip, nämlich jenes, dass solche Schweinereien nicht geduldet werden und dass man nicht einfach davonkommen könne, schloss Popovici.

Am Sonntagabend reagierte dann auch der Temescher Kreisratsvorsitzende und PNL-Kreisverbandschef Alin Nica. Er habe bisher geschwiegen, weil er nichts Gutes zu sagen habe. Man müsse eine Diskussion über den Sprachgebrauch in der Öffentlichkeit führen, aber man müsse kein Lagerdenken fördern und auch nicht zu öffentlichen Bestrafungen auffordern, so Nica. Man werde die Gewalt nicht mit mehr Gewalt stoppen. Eine von Gewalt geprägte Sprache hätten auch Parteikollegen von Fritz benutzt und würden es auch weiterhin tun, schrieb Nica in Anspielung auf den USR-Stellvertreter des Bürgermeisters, Vizebürgermeister Ruben Lațcău, der durch Arroganz, Beleidigungen der politischen Gegner im Stadtrat und zahlreiche unkontrollierte Ausbrüchen bekannt ist. Bei der USR verhalte man sich sehr dogmatisch, wenn es um die eigenen Werte gehe, ansonsten werde immer die Freiheit der Sprache und des Ausdrucks betont, wenn man den politischen Gegner beleidige oder dessen Werte mit den Füßen trete. Er frage sich, wie es denn so weit kommen konnte? Warum sehe sich Dinu gezwungen, Fritz zu beleidigen, nur um sich Gehör zu verschaffen? Warum habe nur der Recht, der am lautesten brülle, fragte sich Nica rhetorisch. Was Dinu über Fritz geschrieben habe, sei ungerechtfertigt, aber wer Wind sät, werde Sturm ernten, so Nica über Fritz. Auch ihn habe man wegen seines Aussehens oder seiner Herkunft beleidigt und auch er habe sich an den Landesrat für die Bekämpfung von Diskriminierung gewandt und auch gewonnen. Er sei weiter gegangen ohne sich zu viktimisieren. Aber er sei nicht einverstanden, Temeswar als jenen Ort darzustellen, wo man nur noch durch Beleidigungen einen Streit gewinnen könne. Er sei gegen jedwede Erwähnung des Nationalsozialismus, wolle aber auch nicht mehr, dass die PSD als „rote Pest“ dargestellt werde, weil sie nichts mit den Greueltaten des Kommunismus zu tun habe. Die Bürger sollten nicht mehr ununterbrochen auf ihre Politiker schimpfen, sondern sich die Zeit nehmen, um tatsächlich zu begreifen, was diese für sie tun oder nicht tun. Und die Politiker sollten auf jedwede Hassrede verzichten.