Kronstadt - Im „Jugendzentrum Seligstadt“ erleben Jahr für Jahr Familien eine selige Zeit, wenn sie sich zum gemeinsamen Singen versammeln. Sicherlich hat das mit der reichhaltigen Verköstigung in den Pausen des oft straffen Probenprogramms sowie mit den vielen Möglichkeiten der sorglosen Kinderbeschäftigung zu tun, die das Pfarrhaus durch seine großzügige Küche und seinen weitläufigen Garten bietet. Heuer gab es aber noch etwas anderes: außer der üblichen Singwoche bot die Fogarascher Kantorin Christiane Neubert eine dreitägige Geburtstagfeier des Gesangbuches an, bei der sie mit vielschichtigen Tortenstücken aufwartete; diese enthielten geschichtliche Grundlagen, üppige Spieleinheiten, musiktheoretische Garnierung und erfrischende Hörübungen, alles mit gutgelauntem Guss durchzogen.
Man muss schon sehr kreativ sein, um 3- bis 7-Jährigen Zeiträume von 50 bis 500 Jahren visuell begreifbar zu machen und 30- bis 60-Jährigen Texte ohne Lesen beizubringen... Alle Aktivitäten waren so gut konzipiert und durchdacht, dass jeder Teilnehmer nicht etwa nur punktuell, sondern durchgehend vieles dazulernen konnte. Sowohl nicht-siebenbürgische Urlaubsgäste als auch routinierte Nutzer des 1974 bewilligten Gesangbuches der EKR hatten somit schöne Dinge zu entdecken.
Wettbewerbe in Kleingruppen jagten uns gleichermaßen durchs Gebäude und durch Lebensläufe von Dichtern und Komponisten, deren Gemälde wir zuvor gepuzzelt hatten; das Mimen, Zeichnen und Darstellen von hymnologischen Metaphern hielt uns die Phantasie wach; und es gab viele Gelegenheiten, einzelne Choralmelodien zu entziffern, sie sich gegenseitig vorzusingen und durch die Auswendiglernübung zum Ohrwurm werden zu lassen. Selten erleben wir unsere eigenen Töchter – trotz ständiger Berührung damit – so ergriffen und aufmerksam zuhören. So spürte man dem Jubilar sein Alter gar nicht an durch die spritzige Art und Weise, auf die die Kursleiterin auch im Gottesdienst, zu dem sich noch vier Seligstädter dazugesellten, den Wochenpsalm 146 anhand des Liedes 217 auslegte und mit einer alten sowie unseren eigenen Biographien verknüpfte.
Was die freundliche Unterstützung des Förderkreises für kirchenmusikalische Aufbauarbeit aus Deutschland uns da ermöglichte, war jedenfalls eine geschmackvolle Würdigung unseres Gesangbuches und eine appetitanregende Gelegenheit, seinen schönen Liedern auch wirklich die Chance zu eröffnen, „unser Leben zu begleiten“, wie es in der Einladung zur Freizeit hieß. Ihr waren am vergangenen Wochenende neun Erwachsene und elf Kinder (aus sechs Familien) gefolgt... Es hätten gerne mehr sein dürfen!