Hermannstadt – Ob und welche aufführenden Einzelkünstler und Ensembles aus der Russischen Föderation Hermannstadt vom 24. Juni bis zum 3. Juli 2022 als Gäste von Auflage Nummer 29 des Internationalen Theaterfestivals Sibiu (FITS) herzlich willkommen heißen wird, ist aktuell noch nicht eindeutig abzusehen. Trotzdem zu Monatsanfang auch Star-Regisseur Lev Dodin (Jahrgang 1944) aus Sankt Petersburg Präsident Wladimir Putin durch einen offenen Brief flehend aufforderte, den Angriff auf die Ukraine abzubrechen, sieht sich Constantin Chiriac als unbestrittener Theaterintendant in Hermannstadt wahrscheinlich wie etliche andere Kulturschaffende der westlichen Welt auch plötzlich in einen breiten Kontext gestellt, dem kurz- und mittelfristig planerisch nachgegeben werden muss. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb ist mit dem diplomatischen Geschick von Constantin Chiriac zu rechnen. Lev Dodin bemerkte in dem offenen Brief an seinen um acht Jahre jüngeren Landsmann Wladimir Putin, dass „man den Menschen nicht vorschreiben kann, wann und wen sie fürchten, wann und wen sie bemitleiden sollen. Bisher hat kein einziger Staat gelernt, die Gefühle der Menschen zu kontrollieren. Die Mission von Kunst und Kultur war und ist es (…) einen Menschen zu lehren, den Schmerz eines anderen als seinen eigenen wahrzunehmen, zu verstehen, dass keine einzige Idee die größte und schönste ist, die ein Menschenleben wert ist. Schon jetzt können wir sagen: Kultur und Kunst sind dieser Mission wieder einmal nicht gewachsen.“
„Es bedeutet eine große Verantwortung, Bürger der Welt zu sein!“, betonte Constantin Chiriac noch am Samstag, 26. Februar. Im Namen des FITS und des Radu-Stanca-Theaters (TNRS) nannte er „das natürliche Recht des Menschen – sei er Kind, Frau oder Mann – auf Leben und Tod, in der Ruhe und dem Frieden des Gottes der ihm eigenen Religion. Niemand und nichts auf dieser Erde darf einem anderen Lebewesen die Freiheit und das Leben nehmen.“ Auch „dürfen wir den vergänglichen Mächten von Diktatoren oder Strukturen nicht gestatten, unsere Freiheit zu schönem Leben zu bestimmen.“