Sathmar - „Mensch bleiben in der Unmenschlichkeit“, so könnte das Motto der diesjährigen Feier zum Gedenken an die Russlanddeportation der Sathmarer Schwaben lauten, die vergangenen Sonntag vom Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Sathmar/Satu Mare veranstaltet wurde. Es ist die Rede von mehr als 5000 jungen Männern und Frauen aus Nordsiebenbürgen, die vor 79 Jahren in die ehemalige Sowjetunion zur Zwangsarbeit verschleppt wurden. Die Gedenkveranstaltung begann mit einem Festgottesdienst, zelebriert von Eugen Schönberger, römisch-katholischer Bischof der Diözese Sathmar und Jesuitenpater Géza Pakot. „Es ist nicht leicht, in der Unmenschlichkeit Mensch zu bleiben. Die Russlanddeportierten, unsere Großeltern, Eltern, Geschwister und Verwandten, die auf dem Altar einer gottlosen Macht aufgeopfert wurden, haben es getan. Wenn der heutige Tag neben der Ehrenbezeugung und Pietät eine richtige Botschaft haben darf, dann ist diese die so wichtige Botschaft, dass das Leiden im Glauben an Jesus Christus als Freude und Vergebung erlebt werden kann. Wir sollen diese ewige Wahrheit in unserem Herzen für immer bewahren“, sagte Bischof Eugen Schönberger in seiner Predigt. Zu Beginn der heiligen Messe lasen Schülerinnen und Schüler des Johann-Ettinger-Lyzeums Abschnitte aus den Erinnerungen der ehemaligen Russlanddeportierten vor. Es wurden Bilder mit den Verschleppten gezeigt und die Anwesenden konnten währenddessen auf einem Tisch vor dem Altar, mit der Inschrift „Verzeihung, Glaube, Liebe, Hoffnung, aber die Liebe ist stets die Größte unter ihnen“, Kerzen der Erinnerung anzünden. Anschließend an den Gottesdienst fand die Kranzniederlegung an der Gedenktafel der Russlanddeportierten auf dem Friedhof mit der Teilnahme der Vertreter verschiedener Institutionen, des Kreisrats, des Landesforums sowie zahlreicher Ortsforen und Bürgermeisterämter der schwäbischen Ortschaften statt. An der Festveranstaltung im Wendelin-Fuhrmann-Saal des Kulturtreffs konnten leider keine von den noch in Sathmar lebenden fünfzehn Russlanddeportierten teilnehmen. Die Anwesenden, darunter zahlreiche Angehörige der ehemaligen Russlanddeportierten, wurden von Josef Hölzli, Vorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen, Johann Leitner, Vorsitzender des Kreisforums Sathmar und Stefan Kaiser, Vorsitzender des Stadtforums Sathmar begrüßt. In ihren Reden gingen alle drei Vorsitzenden darauf ein, wie wichtig die Erinnerung an die ehemaligen Russlandverschleppten sei und dankten dem DFDR-Parlamentarier Ovidiu Ganț, der zusammen mit seinem serbischen und jüdischen Kollegen im Parlament das Gesetz 130 für die Entschädigung der Kinder der Russlanddeportierten, von denen in Sathmar zurzeit 7800 Personen profitieren, initiiert hat. Auch Jürgen Porr, Vorsitzender des Landesforums unterstrich in seiner Rede, wie wichtig die Erinnerung an die Russlanddeportierten sei. „Es jährt sich in diesem Monat zum 79. Mal, dass die gesamte arbeitsfähige deutsche Bevölkerung aus Rumänien nach Russland zur Zwangsarbeit deportiert wurde. Männer und Frauen in bestem Alter wurden Ende Januar 1945 von sowjetischen und rumänischen Soldaten von Zuhause ausgehoben.Leider gibt es nur noch wenige Überlebende, aber wir gedenken trotzdem der Deportation als kollektive Strafe für eine unschuldige ethnische Gruppe. Auch die Generation der Kinder und Enkel der Deportierten müssen darüber Bescheid wissen, damit nie wieder solches Gräuel passiert“, betonte der DFDR-Vorsitzende. Ovidiu Ganț, Abgeordneter seitens des DFDR im rumänischen Parlament hob in seiner Rede ebenfalls die Wichtigkeit der Erinnerung hervor. „Es ist wichtig für unsere Gemeinschaft, immer wieder daran zu erinnern, in der Hoffnung, dass so etwas nie wieder geschieht und damit unsere junge Generation weiß, was diese deutsche Minderheit hier in der Region am Ende des Zweiten Weltkrieges durchmachen musste“, sagte der DFDR-Parlamentarier. Johann Forstenheizler, Ehrenvorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen begrüßte auch die Anwesenden. Der Ehrenvorsitzende sprach aus eigener Erfahrung, da auch sein Vater deportiert wurde, als er daran erinnerte, dass neben den Verschleppten auch die zu Hause gebliebenen Angehörigen von der Russlanddeportation tief betroffen wurden. Das Festprogramm wurde von dem Air-Chor des DFD Sathmar mit zwei vokalsymphonischen Werken eröffnet. Durch das Programm führte ADZ-Redakteur Arthur Glaser. Schüle-rinnen und Schüler des Kölcsey-Ferenc-Nationalkollegs präsentierten Erinnerungen ehemaliger Russlanddeportierten aus dem Buch „Tief in Russland bei Stalino“ von Hannelore Baier. Viorel Ciubotă hielt einen Vortrag zum Thema „Die Russlanddeportation und ihre Folgen“. Der ehemalige Direktor des Kreismuseums Sathmar erinnerte u.a. daran, dass neben den Schwaben aus einigen Ortschaften aus dem Kreis Sathmar auch Rumänen und Ungarn zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion verschleppt wurden. Der Schwäbische Männerchor Großkarol-Petrifeld-Sathmar sang das Heimatlied der Sathmarer Schwaben als Einleitung eines wichtigen Ereignisses im Rahmen der Gedenkveranstaltung. Ovidiu Ganț, Abgeordneter des DFDR, wurde mit der höchsten Auszeichnung der Sathmarer Schwaben, die Ehrennadel in Gold ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Hölzli, Vorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen. Der Regionalvorsitzende hob insbesondere die Verdienste des Abgeordneten Ganț für die deutsche Minderheit in Nordsiebenbürgen hervor. Dazu zählen u.a. die Förderung der Investitionen in Nordsiebenbürgen, die Unterstützung des deutschsprachigen Unterrichts, Hilfe bei der Rückerstattung von drei verstaatlichten Gebäuden in Großkarol und in Erdeed, Beratung und konkrete Unterstützung der vier Bürgermeister seitens des Forums und der Gemeinde Bildegg, Initiierung des Gesetzes für die Entschädigung der Nachkommen der ehemaligen Russlanddeportierten, Lobbyarbeit für staatliche Hilfen für die Firmen Contitech in Großkarol und Dräxlmaier in Sathmar, Lobbyarbeit bei der Botschaft, dem Konsulat, der Präfektur in Neustadt, für die Förderung der Deutschen Minderheit in Nordwest-Rumänien, kontinuierliche Beratung bei diversen Themen der Leitung des Regionalforums Nordsiebenbürgen und Hilfe für die Nachbarregion in der Ukraine zusammen mit der Präfektur im Kreis Maramuresch. DFDR-Parlamentarier Ovidiu Ganț bedankte sich für die Auszeichnung. „Das Schönste ist es immer, wenn man von der eigenen Gemeinschaft gewürdigt wird. Ich sehe diese Auszeichnung auch als Feedback für meine politische Arbeit und es gibt mir die Genugtuung, aber auch die Kraft und die Motivation, um weiterzumachen“, so der Abgeordnete. Das Festprogramm endete mit der gemeinsamen Darbietung des Karoler Trios und der Kinder- und Jugendtanzgruppe des Ettinger-Lyzeums und der DJS Gemeinsam. Anschließend konnte man eine Ausstellung über die Russlanddeportation besichtigen.