Hermannstadt - Gegen die Musik vom nahen Festival auf der Sagstiege und das Schnattern der vorbeigehenden Touristen las Tobias Hülswitt am Samstagabend vor der Gesellenherberge am Huetplatz. Am späten Freitagnachmittag hatte er im (wohl wegen Ferien- und Urlaubszeit aber auch fehlender Werbung für das Event) spärlich besuchten Erasmus-Büchercafé gelesen. Beide Male folgten Gespräche mit dem Berliner Schriftsteller, der vom Handwerker zum Schriftwerker geworden ist und nun als Mundwerker auftrat, wie es Dr. Ingeborg Szöllösi, bei der Deutschen Gesellschaft e. V. Berlin für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, in der Vorstellung des Autors umschrieb.
Die Deutsche Gesellschaft e. V. Berlin fördert das alljährliche Treffen der Wandergesellen im Sommer in Hermannstadt/Sibiu und vermittelt dabei gewöhnlich auch ein literarisches Event. Heuer war dies eines der besonderen Art: Ein gelernter Steinmetz, der als solcher auch gearbeitet hat, dann aber am Literaturinstitut in Leipzig studiert und Schriftsteller geworden ist, war der Gast der Veranstaltung. Tobias Hülswitt, 1973 geboren, hörte 2000 als Steinmetz auf, gerade als sein erstes Buch „Saga“ erschien.
In ihm verarbeitete er die Erfahrung als Steinmetz literarisch. Die vor der Herberge versammelten Gesellen lauschten aufmerksam der Story um einen Steinmetzlehrling und hatten zum Gehörten kompetente Fragen. Geschichten aus der Welt der Wandergesellen wollte Hülswitt am Sonntag von den Gesellen erfahren – um sie in künftige Werke einzubringen. Am Samstag las der Berliner Autor desgleichen aus dem als eBook erschienen „Welterklärungs“-Roman „Wnuki“ (vom Handy), im Erasmus-Büchercafé hatte er aus einem neuen Projekt mit dem Arbeitstitel „Liebe – Arbeit – Tod“ gelesen, in dem zwei Leute sich von Erinnerung zu Erinnerung durch Liebesgeschichten weiterhangeln. Tobias Hülswitt wurde bekannt durch zahlreiche Veröffentlichungen von Büchern und Beiträgen in Zeitungen (taz, FAZ, Die Zeit). Weniger bekannt war dem Hermannstädter Publikum, dass er um 2010 etwa ein Jahr lang in Hermannstadt verbracht hat. In Leipzig war er zu einem „Fan von Ostdeutschland“ geworden und traf in Hermannstadt eine kleine Gruppe Leute an, die die aus Deutschland verschwundene Geselligkeit wiedergefunden haben.