Heftiger Streit unter Temescher Koalitionspartnern

Nica wirft Fritz Unfähigkeit vor / Auch Premierminister Cî]u schaltet sich ein

Temeswar (ADZ) – Der seit Montag für Temeswar und seine Vororte geltende Lockdown hat zu einer Verhärtung der Fronten zwischen den Kreisverbänden der Regierungsparteien geführt: Der Temescher Kreisratsvorsitzende Alin Nica (PNL), unterstützt von liberalen Parlamentariern wie Marilen Pirtea und Ben Oni Ardelean, hat am Montag Bürgermeister Dominic Fritz (USR-PLUS) heftig kritisiert und diesem vorgeworfen, er habe überhaupt keine Covid-19-Bekämpfungsmaßnahme getroffen und von Anfang an auf den harten Lockdown bestanden, der die Bürger jetzt verängstigt und ihnen die Hoffnung genommen habe. Fritz und die Stadtverwaltung seien überfordert, sie hätten die eigenen Probleme nicht in den Griff bekommen, einen Infektionsherd bei der Abteilung für Stadtplanung verheimlicht und den Andrang der Steuerzahler, die zu Jahresanfang die Grund- und Gebäudesteuern bezahlen wollten, geduldet, sagte Nica.

Der Kreisratsvorsitzende habe selbst mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, die zur Vermeidung der Quarantäne geführt hätten, doch die USR-Politiker im Kreiskomitee für Katastrophenschutz, allen voran Bürgermeister Fritz und der neue Präfekt Zoltan Nemeth, hätten diese ignoriert. Der PNL-Politiker habe empfohlen, die dritte Etappe der Massenimpfung im Kreis Temesch vorzuziehen und bereits mit der Impfung der Bürger zu beginnen, die jünger als 55 sind, die Polizeikontrollen zu verschärfen, Beamte ins Homeoffice zu schicken und die lokale Wirtschaft zu schützen.

Fritz und Nemeth hätten aber darauf gepfiffen und die negativen Folgen für die Wirtschaft und für die Bürger im Allgemeinen ohne viel Wenn und Aber in Kauf genommen und auf eine gründlichere Analyse der Lage verzichtet. Im November habe die Inzidenzzahl in Temeswar den Wert von 8 überschritten, damals noch ohne die Infizierten in den Infektionsherden einzuschließen, und die Quarantäne konnte gemieden werden; nun liegt die Infektionszahl unter 8 und schließt die Zahlen aus den Infektionsherden mit ein, doch man habe über die Stadt und ihre Vororte von einen Augenblick zum nächsten den Lockdown verhängt. In der Tat spiele die Lage in den Krankenhäusern eine wichtige Rolle, ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie könne man jedoch auf raffiniertere Mittel zurückgreifen, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, erklärte der Kreisratsvorsitzende.

Besorgniserregend sei gegenwärtig das Chaos im Rathaus, die Beamten würden sich nicht testen lassen, es gäbe keine geprüften Abläufe und die Bürger, die dort zu tun hätten, müssten weiterhin Schlange stehen, setzte Nica seine Kritik an Fritz fort. Erschreckend sei auch, dass, seit Fritz sein Amt übernommen habe, das Lokalkomitee für Katastrophenschutz, dem der Bürgermeister vorsteht, nicht ein einziges Mal getagt und entsprechend auch nie einen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Seuche verabschiedet habe. Daran sei allein der Bürgermeister schuld.

Deshalb sei Fritz von seinem liberalen Koalitionspartner aufgefordert, endlich seine Aufgaben wahrzunehmen, die Qual, die Bürger und Firmen derzeit erleiden, zu beenden und ein entsprechendes Krisenmanagement an den Tag zu legen. Die Bürger seien verunsichert und kämen mit der Lage nicht mehr klar, die Verwaltung habe sie nur noch mehr unter Druck gesetzt, kein Normalbürger käme mittlerweile mit den vielen Verordnungen und Maßnahmen zu- recht, niemand wisse mehr, was erlaubt und was nicht erlaubt sei.

Am schlimmsten betroffen sei die Gemeinde Girok/Giroc, dort hätten die Fallzahlen zu keinem Lockdown führen sollen, doch man habe den Vorort in denselben Topf mit Temeswar und den anderen Gemeinden geworfen, die Giroker quäle man derzeit unnötig, sagte Nica ferner. Probleme gäbe es auch in Temeswar, denn man habe die Inzidenzzahl aufgrund einer längst nicht mehr der Realität entsprechenden Einwohnerzahl berechnet, gegenwärtig habe Temeswar mehr Einwohner als 2011, die Infektionszahl sei deshalb niedriger als der von den Behörden ermittelte Wert.

In den Streit schaltete sich am Montag auch Premierminister Florin Cîțu ein. Er sagte, dass es in Temeswar zum Lockdown gekommen sei, weil sich die Bürger nicht an die Regeln gehalten hätten. Wichtig sei aber, dass man in solchen Fällen die dritte Etappe der Massenimpfung vorziehe und dort, wo Impfplätze zu bekommen seien, die Impfung der Bevölkerung auch schneller vorangehe, sagte Cîțu. Er habe den Gesundheitsminister und den Leiter der Massenimpfung angewiesen, die dritte Impfetappe schneller in die Wege zu leiten. Am Montag habe es im Kreis Temesch 20.000 freie Impfplätze gegeben, der Lockdown sei somit unerklärlich, setzte der Premierminister fort. Der Bürgermeister und der Kreisratsvorsitzende sollten besser untereinander und mit der Bevölkerung kommunizieren, ermahnte Cîțu die Temescher und Temeswarer Behörden.

Auf die harte Kritik seines Koalitionspartners Alin Nica reagierte Bürgermeister Fritz noch nicht, doch am Montag teilte das Bürgermeisteramt mit, dass Fritz mehrmals die Erhöhung der Impfstoffmengen für Temeswar gefordert habe. Was die freien Impftermine angehe, so handele es sich nur um die Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin, zu dem jedoch vorläufig nur jene Zugang hätten, die unter 55 und chronisch krank seien, der Rest der Bevölkerung könne derzeit noch keinen Termin buchen, hieß es in der Mitteilung der Stadt Temeswar. Ab Montag jedoch können auch Bürger zwischen 55 und 65 einen Termin für die Impfung mit dem Stoff von AstraZeneca buchen, Rumänien folgt somit der Praxis anderer EU-Länder.

Am Dienstag um 10.00 Uhr gab es im Kreis Temesch insgesamt 12.878 freie Impftermine, davon 8257 in Temeswar, 1052 in Hatzfeld/Jimbolia, 1707 in Lugosch/Lugoj, 1015 in Schag/[ag und 847 in Neumoschnitza/Moșnița Nouă. Im Kreis Arad waren insgesamt 4789 Termine verfügbar, davon 3611 in der Stadt Arad und 1178 in der Kleinstadt Nadlak/Nădlac. Im Kreis Karasch-Severin meldete die Impfplattform nur 863 freie Plätze in Reschitza. Im Kreis Hunedoara gab es 982 Termine in Brad, 761 in Broos/Orăștie und 192 in Kalan/Călan.