Schäßburg - Derart hat der siebenbürgisch-sächsische Lehrertag wohl auch am 11. August 1908 in Schäßburg/Sighişoara begonnen: Mit einem Orgelchoral gefolgt von den Worten und den Segenswünschen des Stadtpfarrers. Damals waren 250 Lehrer dabei, am vergangenen Samstag kamen rund 180 ErzieherInnen, LehrerInnen und FachlehrerInnen aus ganz Siebenbürgen in der Bergkirche zusammen. Selbst das Thema „Heimatkunde – Heimat erleben und mitgestalten“ mag auch vor hundert Jahren aktuell gewesen sein. Ansonsten aber dürften zwischen dem Lehrertag vor über hundert Jahren und dem 22. Siebenbürgischen Lehrertag nach der Wende von 1989 Welten liegen.
Die historische Rückschau bot Helmine Pop, die Leiterin der Schulkommission des Siebenbürgenforums, anhand eines Beitrages von Prof. Walter König, auf den der vormalige Leiter dieser Schulkommission, Friedrich Philippi, sie hingewiesen hatte. Ihre Ausführungen erfolgten anhand von Fotos, die per Beamer gezeigt wurden, und man erfuhr, dass der erste Siebenbürgische Lehrertag 1881 in Hermannstadt/Sibiu stattgefunden hatte. Mit Multimedia-Unterstützung hielt Caroline Fernolend, Ko-Präsidentin des Mihai-Eminescu-Trusts, das Hauptreferat, in dem sie darstellte, wie das multikulturelle Erbe von einer multikulturellen Gemeinschaft in den einstmals sogenannten sächsischen Dörfern erhalten wird. Die „deutschen“ Schulen werden größtenteils von nicht mehr in deutschsprachigen Familien und Gemeinschaften lebenden Kindern und Jugendlichen besucht und von ErzieherInnen und LehrerInnen unterrichtet, die in anderen Sprachen und Kulturen beheimatet sind. Wie erfolgt Heimatkunde unter diesen, vor hundert Jahren undenkbaren, Umständen?
Kirche und Schule hätten heute mehr denn je dieselbe Aufgabe: Heimat zu gestalten und Heimat zu vermitteln, hatte Stadtpfarrer Bruno Fröhlich in seinem Grußwort gesagt. Christiane Cosmatu, Unterstaatssekretärin im Departement für interethnische Beziehungen, wies in ihrem Grußwort darauf hin, dass nicht nur den Schülern, sondern auch den Eltern die Tradition der deutschsprachigen Schulen zu vermitteln sei. Alexander Szepesi, im Bildungsministerium für den deutschsprachigen Unterricht zuständig, meinte, diese Tradition mache den Unterschied aus zu den anderen Schulen. Wie aber bringt man es den Schülern bei, dieses Erbe weiter zu pflegen, fragte Lieselotte Baier, stellvertretende Schulleiterin der Bergschule (Joseph-Haltrich-Lyzeum). Sie nannte auch einen weiteren Grund, weshalb dieses Thema für den diesjährigen Lehrertag gewählt worden war: Es sollten Beispiele und Anregungen geboten werden, wie die Projektwoche „Schule anders“ gestartet werden kann.
Die rund 180 TeilnehmerInnen hatten die Möglichkeit, sich für 13 Arbeitsgruppen zu entscheiden (wovon einige jedoch nicht Gebrauch machten und mit den KollegInnen beim Tratsch blieben). Wenn schon in Schäßburg, sollten die ErzieherInnen Heimatkunde live erleben, der Regen zog den Veranstalterinnen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Aus den AGs wurde in der Moderation von Helmine Pop zum Abschluss im Plenum berichtet, das im Festsaal des Rathauses zusammentrat.
Die Kindergärtnerinnen hatten unter der Leitung von Karin Staffendt und Annemarie Martini über die Heimatkunde bei Kleinkindern beraten, als Schlussfolgerung wurde mitgeteilt, dass das Kleinkind unter „Heimat“ die eigene Kleidung und Tasche kennenlernen müsse, danach aber auch die Sehenswürdigkeiten des Wohnortes als solche erfährt.
Mit Lehrerin Christa Rusu fuhr eine Gruppe Lehrerinnen in das UNESCO-Naturschutzgebiet „Breite“, Heimat bedeutet nämlich auch die Natur. Für GrundschullehrerInnen gab es das Angebot, mit Irina Mihai-Gref und Katharina Moraru-Schaaser eine „Schnitzeljagd“ über die Burg zu unternehmen oder mit Karola Fröhlich und Museumspädagogin Ina Henţ die Geschichte im Stundturmmuseum kennenzulernen. Christina Drescan und Helmine Pop, aber auch Rozalia Şomlea und Andrea Zikeli boten Workshops ausgehend von Joseph-Haltrich-Märchen an und mit Marianne Cojocaru konnte eine naturwissenschaftliche Erkundung in der Firma „Hochland“ unternommen werden.
Stadtpfarrer Bruno Fröhlich erklärte, wie die Bedeutung sächsischer Kirchenbauten an Schüler zu vermitteln sei, mit Bildhauer Wilhelm Fabini wurde eine historische Reise auf den Bergfriedhof unternommen. Unter der Leitung von Meda Pop und Sabine Brünig erarbeiteten die teilnehmenden SchülerInnen Stadtrallies – die von den Schäßburgern nun ausgearbeitet und auf Wunsch an Interessenten zugeschickt werden können.
Der Wille, die Traditionen fortzuführen, besteht. Das bewiesen zum Beispiel die fünf Paare Kindergartenkinder in sächsischer Tracht, die unter Leitung von Annemarie Martini u.a. die „Recklich Med“ zeigten. Inwieweit dies in deutscher Sprache erfolgt, wird sich zeigen. Die schlechten Deutschkenntnisse mancher LehrerInnen und ihre Unfähigkeit, die Gruppenarbeit in ein paar Sätzen vor dem Plenum vorzustellen, werfen Zweifel auf.