Hermannstadt - Es sei kein Geheimnis, dass Rumänien zu den Ländern gehört, in denen viel getrunken wird, erzählt Dr. Holger Lux. Europaweit gehöre es zu den Staaten mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum an Alkohol. Zwölf bis 13 Liter reinen Alkohol konsumiere statistisch jeder Einwohner. „Das bedeutet natürlich auch einen sehr hohen Alkoholmissbrauch“, unterstreicht Lux. Etwa eine Million Rumänen hätten ernst zu nehmende Probleme durch diese Abhängigkeit, die eine therapeutische Behandlung nötig mache.
Solche Behandlungen bieten die Einrichtungen des „Blauen Kreuzes“, einer internationalen Organisation mit christlichem Hintergrund. Vertreter der 43 Länderorganisationen weilten in dieser Woche anlässlich ihrer jährlichen Netzwerkkonferenz in Hermannstadt/Sibiu. Am Donnerstag organisierten die Veranstalter eine Tagung, wo sie beispielhafte Projekte aus verschiedenen Ländern vorstellten. Unter den rund 100 Teilnehmern waren Dr. Constantin Necula, orthodoxer Pfarrer und Vorsitzender der rumänischen Landesorganisation, Geir Gundersen, Vorsitzender der Dachorganisation, sowie Vertreter des Vorstands des rumänischen Blauen Kreuzes, darunter der Bischof der evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, Reinhart Guib.
Im Raum Hermannstadt betreibe das Blaue Kreuz zwei Therapieeinrichtungen, berichtet Lux, der seit 1995 das Haus „Nazareth“ in Kleinscheuern/Şura Mică leitet. Die Einrichtung im ehemaligen evangelischen Pfarrhaus verfüge über 25 Therapieplätze und richte sich ausschließlich an Männer. Eine zweite Einrichtung, die „Insel der Hoffnung“ in Schellenberg/Şelimbăr, habe 15 Plätze und ist für weibliche Patientinnen gedacht. Seit 1992 hätten sich 1400 Männer und über 400 Frauen aus dem ganzen Land in Behandlung begeben, so Lux.
Die Patienten kämen aus dem ganzen Land, da es in ganz Rumänien nach Lux´ Aussage nur drei bis vier solcher Zentren gibt. Durchschnittlich bleiben die Patienten zwei bis vier Monate in den Einrichtungen. Behandelt werden nicht nur Alkoholsucht, sondern auch Drogen- und Medikamentenabhängige, Spielsüchtige und in jüngster Zeit vermehrt Jugendliche, die Probleme haben mit neumodischen Designerdrogen, verharmlosend als Etnobotanice bezeichnet.
„Durch die Unterstützung des internationalen Blauen Kreuzes haben wir die einmalige Chance, in Kleinscheuern ein neues Haus neben dem Pfarrhaus mit 30 Therapieplätzen zu bauen“, informiert Lux über die Pläne seiner Organisation. Das Blaue Kreuz unterstützt neben der Tätigkeit in Hermannstadt auch Selbsthilfegruppen in ganz Rumänien. „Wir ermutigen unsere ehemaligen Patienten, dass sie in ihren Städten vorhandene Selbsthilfegruppen suchen oder selbst welche gründen.“ Finanziert wird die Arbeit aus verschiedenen Quellen: Das Sozialministerium steuert etwa 10 bis 15 Prozent der Kosten bei. Hinzu kommt eine Eigenbeteiligung der Patienten sowie Spenden.