Reschitza – Er sei auf der Suche nach Investoren, die sich in Reschitza niederlassen, gab Bürgermeister Ioan Popa jüngst (zum wiederholten Mal) bekannt, doch er sei wählerisch: sein Augenmerk richte sich auf solche Investoren, die „intelligente und gut bezahlte Handarbeit“ anbieten. Um sie zur Ansiedlung in Reschitza zu überzeugen, sei er entschlossen, ihnen seitens der Stadtleitung alles zu bieten, was gesetzlich und menschlich möglich ist.
Um an die „scheuen Rehe“-Investoren (so der Ex-Botschafter Deutschlands in Bukarest, Rossbach) heranzukommen, habe er – selber ein Investor, der quasi auf der „grünen Wiese“ seine erfolgreiche Nudelfabrik und auch sein Tourismusunternehmen gegründet hat – Strategien entwickelt. Allerdings: „Um ehrlich zu sein: die gesetzlich erlaubten Maßnahmen, die du treffen kannst, um einen Investor zu überzeugen, gerade in deine Stadt und in keine andere zu kommen und zu investieren, sind in Rumänien leider sehr begrenzt. Da gibt es hohe gesetzliche Hürden, die dir entgegenstehen. Vulgo: du kannst praktisch niemand so bevorteilen, dass der nur noch dich im Auge hat. Ich meine damit die Frage der Grundstücksbesteuerung und der Besteuerung der Immobilien. Damit kannst du niemand ködern, denn die sind überall gleich und du hast lokal keinen Spielraum. Es bleiben dir nur noch wenige Hebel zum Ansetzen. Ganz kompliziert. Doch eigentlich wichtig ist dein Anteil an der Einkommenssteuer, alles andere sind Peanuts.“
Trotzdem: „Ich entmutige Autozulieferer, nach Reschitza zu kommen. Als derjenige, der diese Stadt zu verwalten hat, wünsche ich mir keine Arbeitgeber, die vorwiegend menschliche Roboter suchen. So wurde ich zum Investorenfischer. Als ich EMZ, das deutsche Mutterwerk in Bayern ansprach, das Elektronikblocks für Haushaltsgeräte erzeugt, wo viel Robotik eingesetzt wird, und die 400, 500 Arbeitnehmer beschäftigen, war ich von deren Arbeit begeistert. So etwas passt in mein Zukunftskonzept für Reschitza, einem Standort zwischen Touristik und smarter Industrie.“
Die Bayern hatten sich auf drei mögliche Standorte konzentriert, auf Hermannstadt, Deva oder Reschitza, erzählte der Reschitzaer Bürgermeister im Rahmen einer der Veranstaltungen von Urbanize Talks. „Ich habe sie überzeugt, sich für Reschitza zu entscheiden. Das gebe ich jetzt zu, obwohl dieses Geständnis mir vielleicht keine Vorteile erbringt. Fakt ist, dass die Standortwahl für eine Investition auch ein hohes Maß an Subjektivität impliziert“, sagte Popa. „Einer meiner Vorteile bei solchen Begegnungen ist, dass ich ganz gut deutsch kann. Ich habe den Unternehmensbesitzer nach Reschitza eingeladen, habe ihn ans Ufer des Franzdorfer Stausees gebracht, wir haben eine gemeinsame Zeit verbracht, gemeinsam gegessen, auch etwas dazu getrunken, und ich habe ihm viel über Reschitza erzählt. Ich habe ihm auch all das erzählt, was ich dachte, für EMZ tun werden zu können, als Bürgermeister. Natürlich habe ich ihm auch von meinen Initiativen Richtung duale Berufsschulausbildung erzählt, dass wir Jugendliche zur Ausbildung in die Stadt bringen und auch – gratis! - für ihren Unterhalt während der Einschulung sorgen. Dass wir eine Universität haben mit Ingenieurausbildung und Research-Abteilung. Dass man mit alldem allerhand anfangen kann. Mittels solcher Diskussionen in entspannter Atmosphäre und von Angesicht zu Angesicht kann man Menschen von sich und von seiner Stadt überzeugen. Ich glaube, vor allem die Versicherung, dass im Bereich menschlicher Ressourcen seitens der Stadt Unterstützung kommt, war überzeugend. Für Temeswar, Klausenburg oder Hermannstadt gibt es eine Art Sog: einer zieht den anderen nach. Wir müssen selber etwas für uns tun.“