Während noch manche der Kunstensembles ihre Neujahrskonzerte und –aufführungen fortgesetzt haben, ging die Phiharmonie „Banatul” direkt in medias res: sie setzte konsequent ihr Repertoire um, das sie zum Beginn des Konzertjahres angekündigt hatte. Radu Popa dirigierte am ersten Januarwochenende ein Programm, bestehend aus Edvard Griegs Suite „Morgenstimmung” aus „Peer Gynt” - eine exzellente Wahl zum Beginn eines Jahres - das interessante konzertante Opus für Viola von Cecil Forsyth, ein selten gespieltes Stück (Solist: der Temeswarer Ladislau Cristian Andriş) und Beethovens Vierte. Damit schaffte der Dirigent einen ersten Zugang ins Universum der musikalischen Klassik, dessen wir uns im Januar dreimal ausgiebig erfreuen durften.
Peter Oschanitzky wählte für sein Mozart-Programm (auch zum Gedenken an den 259. Geburstag des Komponisten) die überschäumende Ouvertüre zur „Hochzeit des Figaro” und die tiefgreifende 40. Symphonie in g-Moll, die, trotz reduzierter Anzahl von Streichinstrumenten, akzeptabel klang. Beide flankierten dann Mozarts Klavierkonzert KV 488 in A-Dur, wo die junge (sie studiert noch) Melitta Botezatu auftrat. Die Schülerin der Dozentin Maria Bodó hinterließ einen sehr guten Eindruck, ließ sich aber bei den Draufgaben allzu leicht hinreißen – die zweite und dritte waren vielleicht etwas fehl am Platz. Auch die Oper musste natürlich an den Geburtstag des großen Salzburgers erinnern: David Crescenzi dirigierte hier die „Hochzeit des Figaro”, wobei der substantielle Beitrag von Sorin Petru Burcă (Figaro), Cristina Simionescu (Gräfin) und Dorin Mara (Almviva) auffiel, aber auch, als Gast, Narcisa Brumar (Susanna). Ein Sonderlob für die Debütantin Gabriela Toader (Marcelina).
Dragoş Mihăilescu (Klavier) und Gabriel Popa (Violine) setzten im Januar ihre Konzertfolge fort, die als Integralaufführung aller Sonaten von Ludwig van Beethoven geplant ist. Zu hören waren diesmal die Sonate in c-Moll, mit ihrem warmen Melos aus dem Adagio und ihrer exzessiven Stilisierung im Finale, aber auch die Sonate in G-Dur, die letzte der Reihe, die bereits eine neue Essenz ankündigt an lyrischer Ausdruckskraft par excellence, durch welche der Feinheit der Interpretation der beiden Solisten viel Freiheit gewährt wurde, was zum Finale hin auch Ansätze einer Interpretation zuließ, deren Nutzung mir persönlich viel Genugtuung verschaffte. Der letzte Konzertabend des Monats war ausschließlich dem „Titanen aus Bonn”, dem Klassiker Beethoven gewidmet. Dirigent Gheorghe Costin hatte die Ouvertüre zum „Coriolan” gewählt und die erste Symphonie in C-Dur, und, mit dem soliden Beitrag des Pianisten Csíky Boldizsár, dem die Temeswarer schon öfter Beifall gespendet haben, das Konzert Nr. 3 in C-Moll. Für die Anwesenden war es einer der Abende wahrer künstlerischer Erfüllung, die sie sowohl einem Dirigenten verdanken, der auf dem Höhepunkt seines Könnens steht, als auch einem hochprofessionellen Pianisten, die, beide gleichermaßen, Beethoven mit Elan, Hingabe und Können interpretierten.
Vervollständigt wurde das Musikangebot im Januar durch das Deutsche Kulturzentrum Temeswar mit einem Klavierabend von Wolfgang Glemser aus Cottbus. Sein Programm erinnerte u.a. an den 100. Todestag des Russen Alexander Skrijabin. Glemser ging von den Sonaten Nr. 1 und Nr.10 aus, was auch etwas von der Entwicklung des Komponisten von der Postromantik Richtung expressionistischer Extase erahnen ließ, in Richtung jenes Wagnerschen Gesamtkunstwerks, nach dem auch er strebte. Wagner, von dem er ausgegangen war, war angeklungen mit „Isoldes Liebestod” – natürlich in der Variante von Liszt. Dazu gab es eine Reihe Chopin-Werke, beide zu den Idolen des großen russischen Klavierkomponisten gehörend. Vielleicht wollte Wolfgang Glemser uns suggerieren, dass Skrijabin selber, als Pianist, im zweiten Teil seiner Laufbahn seinen rechten Arm schonen musste und schloss deshalb ein Werk von Leopold Glodowski ein, das ausschließlich für die linke Hand geschrieben ist – und auch eine der Zugaben war ausschließlich für die linke Hand komponiert. Trotz technischer Brillanz: ich fand es schade, dass die Interpretationen von Prof. Glemser grundsätzlich zu techniklastig, zu rigide und zu spröde sind, zu streng professoral an das Notenblatt gebunden.
Nach der Walzerwelle im Dezember kam in Januar eine Tangowelle über Temeswar. José Bragato, Aldemaro Romero, Ariel Ramirez und Astor Piazolla standen im Programm des Dirigenten Ramiro Arista, der aus Südamerika angereist war. Man hätte da nicht nur ein betontes Rhythmusgefühl und viel Temperament erwartet, was sogar in der Wahl der Tempi und in der Klarheit der Gestik hätte zum Ausdruck kommen können. Hingegen hörten wir streckenweise exzessive Instrumentenklänge (die Bläser) in der Missa Criolla, wo die Worte des Chors manchmal gänzlich unverständlich wurden. Am besten haben sich die Cellistin Alexandra Guţu in ihrem beiden Soloauftritten und der Tenor Remus Alăzăroaie (in der Kreolischen Messe) in der südamerikanische Atmosphäre zurechtgefunden. Noch ein interessantes Konzert gab es im Jänner im Temeswar: an der Digitalorgel der Aula Magna der Westuniversität interpretierte Prof. Dr. Felician Roşca ausschließlich rumänische Kompositionen. Der Organist hatte seinen Orgelabend der Vereinigung der Donaufürstentümer gewidmet.