Kammerkonzert mit Musik eines waschechten Romantikers

Profis aus Klausenburg spielten Paul Richter in Hermannstadt vor

Auf dem kalten Beton-Fußboden der evangelischen Johanneskirche in Hermannstadt ließ sich Sonntagabend Mitte Oktober während des Konzerts mit den Klausenburger Gästen Béres Melinda, Dénes Anna, Király Erzsébet und Ortenszky Gyula (von links nach rechts) trotz Teppichen der nahende Winter spüren. Beim Zuhören jedoch wurde einem leicht warm ums Herz Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Studiert hatte Paul Richter im protestantischen Leipzig und Wien allenfalls als ein Durchreisender auf Rückfahrt in das heimatliche Kronstadt/Bra{ov erlebt. Ausgebildet worden ist er dort zu keinem Zeitpunkt seiner Laufbahn. Dafür aber war der 1950 schwerkrank verstorbene Romantiker und hochbegabte Zeitgenosse von George Enescu, der in seinen besten Jahren gar Richard Strauss nach Kronstadt hatte einladen können, ein sehr geschickter Freund und Kenner der menschlichen Singstimme, und Sonntagabend, am 13. Oktober, war in der evangelischen Johanniskirche während des Konzerts vom Streichquartett „Concordia“ aus Klausenburg/Cluj-Napoca in Hermannstadt/Sibiu trotz Paul Richters Biografie ohne österreichischen Einschlag eine gewisse Dosis klanglicher Färbung nach wienerischem Vorbild nicht zu überhören. Sicher lag es auch am souveränen Auftreten von Cellist Ortenszky Gyula, Bratscherin Király Erzsébet, Dénes Anna an der zweiten und Béres Melinda an der ersten Geige, klar. Die Lied-betonte Tonsprache von Komponist Paul Richter jedoch leistete ihren unverwechselbaren Eigenbeitrag und öffnete besonders auch dem Heraushören vom Einfluss Franz Schuberts bittersüßer Schreibart freundlich die Türe. Paul Richters Streichquartette Nr. 2 Op. 99 und Nr. 3 Op. 122 schließlich zeugten nicht überraschend davon, dass ihr Autor stolz darauf gewesen sein muss, mitten in einer Zeit zu leben, die noch von Johannes Brahms und Antonín Dvorák als Großmeistern des 19. Jahrhunderts zehrte. Und beim Lauschen auf den zweiten Satz des Streichquartetts Nr. 2 Op. 99, den Richter um das Weihnachtslied „Kommet, ihr Hirten“ kreisen lässt, konnte man streckenweise den Eindruck gewinnen, harmonische Raffinessen wie von Max Reger persönlich vorgespielt zu bekommen. Wunderbar das Timbre von Király Erzsébet, die auf ihrer Bratsche kein Solo bescheiden verstrichen ließ, verlässlich das weder über- noch untertriebene Anpacken von Ortenszky Gyula als Quartett-Bass, und bestens aufeinander abgestimmt die Leistungen der Geigerinnen Béres Melinda und Dénes Anna. Zum Schluss gab es für alle vier Interpretinnen und Interpreten je eine frische Rose aus der Hand von Zuhörer Kurt Philippi, Mitherausgeber von Werken Paul Richters in der Reihe „Musik aus Siebenbürgen“ des Schiller-Verlags.