Reschitza – Die Verteidigungsstrategie, die sich anlässlich der vergangenen Prozesstermine im Korruptionsfall des ehemaligen Karasch-Severiner Kreisrats-Vizepräsidenten Ionesie Ghiorghioni abzeichnete, wird fortgesetzt: immer noch bestand am vergangenen Donnerstag Ghiorghioni darauf, als erster selber die Zeugen zu befragen, nicht einer seiner beiden Anwälte, und immer noch versuchte er, seine menschlich-verständnisvolle Charakterseite herauszustreichen sowie die Tatsache, dass er sich als Entscheidungsträger des Kreisrats Firmen gegenüber immer neutral verhielt. Ersteres gelingt dem jovialen Gemütsmenschen meist, letzteres weniger. Ghiorghionis Zeugen waren diesmal der Sekretär des Kreisrats, Darian Ciobanu, und seine ehemalige Sekretärin vom Dienst, Viorica Cherecheş. Seine Fragen an die Zeugen waren nahezu dieselben wie an die Zeugen der vorhergehenden Gerichtstermine, zusätzlich wollte er noch herausstreichen, wie viel mitleidiges Interesse und Hilfsbereitschaft er an den Tag legen kann, wenn jemand von Problemen geplagt ist. Bei der Anklagevertretung (wieder war Staatsanwalt Lucian Dolcu aus Bukarest angereist) und beim vorsitzführenden Richter blieb allerdings bloß derselbe Eindruck von früher zurück, der sich zur Überzeugung verhärtet: der Angeklagte versucht nach Kräften, Zeit herauszuschinden und den Prozess in die Länge zu ziehen. Folgerichtig winkten sie ab, als Ghiorghioni für den nächsten Gerichtstermin (5. November) bat, weitere Zeugen, neuerlich Arbeitnehmer aus dem Kreisrat, vorzuladen.
Aussagen wie die von Kreisratssekretär Darian Ciobanu („Er hatte im Kreisrat ein gutes Image. Es kamen zu ihm Unternehmer wegen Verträgen. Über seinen Einfluss auf diese und die Diskussionen, die er mit ihnen führte, weiß ich nichts. Ich hatte keine Möglichkeit, zu beurteilen, wie er mit den Firmen umging. Er gab sich seiner Arbeit hin. Das war unser Eindruck.“) gibt es nun ausreichend, meinten die Staatsanwaltschaft und der Richter, nachdem auch Ghiorghionis Sekretärin gehört war („Beruflich ist er ein korrekter Mensch. Meine Beziehungen zu ihm waren korrekt und anständig.“). In den Aussagen von Darian Ciobanu war allerdings auch auszumachen, dass dieser sich nach Kräften von Ghiorghioni zu distanzieren bemüht. Vom Angeklagten gefragt, ob er sich an einen bestimmten Tag von 2014 erinnere, an dem er mit Ghiorghioni angeblich darüber gesprochen hatte, dass der heutige Angeklagte abgehört wird in seinen Telefongesprächen und dass der Tag kommen wird, wo der Kreisrat allein von Ilie Iova geleitet wird (was jetzt tatsächlich zutrifft – Anm. wk), verneinte Ciobanu brüsk, etwas davon zu wissen: „Von wo sollte ich so etwas gewusst haben?“. Und an einen solchen Tag erinnere er sich überhaupt nicht. Dass die Staatsanwaltschaft sich auch im jüngsten Skandal des Kreisrats vortastet, der Verpachtung des Flughafens Karansebesch/Caransebeş an den Ghiorghioni-Intimus Vichente Obrejan, genannt „Arabela“, darauf deuteten die Fragen von Staatsanwalt Dulcu an Ciobanu hin.
Und Darian Ciobanu zeigte sich in dieser Sache, wo er die erste Geige spielt in Sachen Vertragsauflösung, kooperationsbereit: „Im April dieses Jahres hatte ich eine Auseinandersetzung mit Herrn Ghiorghioni bezüglich der Entwicklungen in der Verpachtung des Flughafens des Kreisrats. Ich vertrat die Meinung, dass es bereits eine forcierte Verpachtung ist und riet schon seit längerem, die Verpachtung wegen Nichteinhaltung von Vertragsklauseln zu kündigen. Ionesie Ghiorghioni bestand aber darauf und forderte steif und fest, den Vertrag beizubehalten. Ich wiederum beharrte darauf, dass der Pächter den Vertrag dauernd bricht, aber Ghiorghioni forderte, Obrejan/“Arabela“ in Ruhe zu lassen. Das ging auf diese Art so weiter, bis der Herr Kreisratsvorsitzende mit einem Machtwort den Streit unterbunden hat.“ Im anderen Prozess, der am selben Tag stattfand, jenem des Amtsmissbrauchs von Frunzăverde und Ghiorghioni während des Präsidentschaftswahlkampfs vom November 2014, gab es wenig Neues. Nur: der Antrag der Anwälte der beiden Angeklagten, die Justizkontrolle ihnen gegenüber aufzuheben, weil sie gegenstandslos geworden sei, seit die Zeugen der Anklage gehört wurden, wurde abgelehnt. Damit wird auch die Absicht von Kreisratschef Sorin Frunzăverde obsolet, am 1. November seine Amtsgeschäfte im Kreisrat wieder aufzunehmen, wie sie jüngst von einem seiner beratenden Ärzte (und Kreisratsmitglied) auf der Kreisratstagung angekündigt wurde. Dieser Prozess rund um die mögliche Manipulation der Ergebnisse des Präsidentschaftswahlkampfs 2014 zugunsten von Klaus Johannis wird am 18. November fortgesetzt.
Werner Kremm