Hermannstadt – Als zweite und letzte Zugabe auf ihr Konzert im nicht ganz ausverkauften Thaliasaal am Dienstagabend, dem 9. Mai, ließen das Young Famous Orchestra aus Klausenburg/Cluj-Napoca und Dirigent Vladimir Agachi eigens zum Europatag eine Pop-Bearbeitung der „Ode an die Freude“ von Friedrich Schiller und Ludwig van Beethoven für Klavier, Orchester, E-Gitarren und Schlagzeug aufführen, die der artistischen Benefizveranstaltung für bedürftige Kinder und Suchthilfe-Patienten aller Altersstufen nicht besser zu Plakat und Klang hätte stehen können. Wenige Minuten zuvor noch war Gast Christophe Alvarez von der Gheorghe-Dima-Musikakademie Klausenburg am Flügel der Staatsphilharmonie Hermannstadt/Sibiu mit dem Solopart des „Moment muzical“ von Nicolae Kirculescu zu erleben gewesen – das Vorspann-Stück zur legendären Sendung „Teleenciclopedia“ des öffentlich-rechtlichen Fernsehens früherer Zeiten durfte beim Projekt-Konzert „Simfonia Iubirii“ (Symphonie der Liebe) natürlich nicht fehlen. Zwei Stunden volle Konzentration ohne lange Spielpausen mussten die Mitglieder des mittelgroß besetzten Jugendorchesters unter der Leitung ihres Chefs Vladimir Agachi stemmen können. Das Programm war zwar nicht übermäßig anstrengend, jedoch stilistisch vielfältig aufgestellt worden.
Dass der 1982 geborene Dirigent aus Großwardein/Oradea sich für das Projekt-Konzert in schon fünfter Jahresauflage die Kooperation einiger junger berufstätiger Streicher und Bläser aus den Reihen der Staatsphilharmonie „Transilvania“, der Ungarischen Oper und der Rumänischen Oper in Klausenburg gesichert hatte, täuschte nicht über den ein oder anderen gut hörbaren Schnitzer eines Ensembles hinweg, das durch Spielfreudigkeit auf der Stuhlkante überzeugte, aber seinem geringen Durchschnittsalter hin und wieder einiges an Lehrtribut zu zollen hatte. Nicht alle acht unterschiedlichen Stücke des Abends, die beiden Zugaben ausgenommen, waren so einfach für die Aufführung vorzubereiten gewesen wie die vier weit bekannten „Polowetzer Tänze“ der Oper „Fürst Igor“ von Alexander Borodin, und bereits wenige Takte nach Beginn der virtuos zu meisternden Passagen in der Ouvertüre zum Singspiel „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart fehlte es dem Tutti-Klang des Young Famous Orchestra an der Abgeklärtheit bühnenerfahrener Profis.
Anerkennung dagegen verdient die mutige Entscheidung, gleich zum Start des Auftretens mit einem inhaltsschweren Doppelpack begeistern zu wollen: Beethovens Ouvertüre zu dem Trauerspiel „Egmont“ von Goethe und sogar das Vorspiel zur Oper „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner ließen erahnen, dass der harte Kern des Jugendorchesters den Zenit seiner Leistungsfähigkeit noch nicht erreicht hat, und der Orchesterlandschaft Rumäniens eine gewiss hochklassige Zukunft bevorsteht. Der längst auch in Europa populäre Danzon Nr. 2 von Arturo Márquez aus Mexiko, der tragisch aufbrausende Walzer von Eugen Doga für die Musik zum Kinostreifen „Mein zärtliches und sanftes Tier“ von Regisseur Emil Loteanu, und „Das Große Tor von Kiew“ aus der Suite „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky in der Bearbeitung für Orchester durch Maurice Ravel waren für Vladimir Agachi und das Young Famous Orchestra Formsache.
Psychologe und Festredner Daniel David, Rektor der Babeș-Bolyai-Universität, wusste bezüglich der Titelmusik zum schwarzweißen Jahrhundert-Spielfilm „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg eine Anekdote zu erzählen, die dem Hermannstädter Publikum auf der Stelle beherztes Lachen entlockte. Komponist und Filmmusik-Ikone John Williams habe Spielberg seinerzeit aus tief demütiger Haltung heraus vorgeschlagen, dritte berühmte Autoren mit dem Schreiben der Musik zum Streifen zu beauftragen, worauf der preisgekrönte Regisseur und Produzent ihm entgegnet haben soll, dass „die alle schon tot sind.“ Aber auch ohne den Griff in die Humor-Kiste tat Psychologe Daniel David sich nicht schwer, Augen und Ohren der Zuschauer und Zuhörer binnen weniger Sätze für seine Ratschläge zu sinnerfülltem Leben zu gewinnen. „Nicht die Geschehnisse des Lebens erwecken unsere Gefühle, sondern die Art und Weise, wie wir sie interpretieren.“