Temeswar (ADZ) – Nachdem der scheidende künstlerische Leiter des Temeswarer Kulturhauptstadt-Vereins, Chris Torch, in einem offenen Brief schwere Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung und gegen die Verantwortlichen des Kulturhauptstadt-Projekts erhoben hatte, hat Bürgermeister Nicolae Robu am Dienstag zugegeben, dass der Verein an akutem Geldmangel leidet. Die Stadt Temeswar habe das meiste Geld zur Verfügung gestellt, das Bürgermeisteramt sei seinen Verpflichtungen zu 85 bis 90 Prozent nachgekommen und habe dem Verein so viel Geld wie nur möglich überwiesen. Wenn das Projekt scheitern soll, dann gehöre die Schuld allein dem Temescher Kreisrat und dem Kulturministerium.
Er hoffe, dass es nicht zu einem Entzug des Titels einer Europäischen Kulturhauptstadt durch die Europäische Kommission kommen werde, der Prüfungsausschuss habe eindeutig festgestellt, dass die Mängel in der Umsetzung der eingegangenen Pflichten allein auf den Geldmangel zurückzuführen seien, so der Temeswarer Bürgermeister. Er wisse, dass die Stadt die versprochenen Mittel nicht in vollem Umfang zur Verfügung stellen konnte, doch wenn die anderen zuständigen Behörden zumindest teilweise gezahlt hätten, wäre die Lage zweifelsohne besser. Seitdem die Regierung den Kulturhauptstadt-Verein als gemeinnützig eingestuft und die Aufnahme von Krediten genehmigt habe, erwarte er, dass es mit dem Projekt der Kulturhauptstadt bergauf gehe, setzte Nicolae Robu fort. Der Status eines gemeinnützigen Vereins vereinfache auch die Finanzierung durch das Bürgermeisteramt, so dass nun auch etliche Bedenken des Rechnungshofs aus dem Weg geräumt werden können.
Sollte das Projekt doch noch scheitern, habe er sich nichts vorzuwerfen, sagte Robu. Er habe noch vor 2016, als Temeswar den Titel bekam, alles dafür getan, dass die Stadt diese Würde erlangt und dafür geworben, auch dann, als niemand an diese Chance mehr zu glauben schien. Bis in die Gegenwart habe er das Projekt stets mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und an der Umsetzung des eingegangenen Pflichtenkatalogs gearbeitet. Finanziell gesehen, habe das Bürgermeisteramt ebenfalls alles getan, was nur möglich war, verteidigte sich der Bürgermeister. Er würde gerne dem Kulturhauptstadt-Verein mehr Geld zur Verfügung stellen anstatt die Löhne von Pflegekräften zu bezahlen, dies wäre eigentlich die Aufgabe der Regierung.
Wer die gegenwärtige Lage des Kulturhauptstadt-Vereins überprüfen möchte, solle doch beim Temescher Kreisrat und bei der Regierung nachfragen, denn die Schuld liege bei diesen und nicht bei ihm. Er wisse nicht, warum das Kulturministerium sich so schwer tue, das Projekt zu finanzieren.
Zu Chris Torch und dessen Kritik sagte der Bürgermeister, dass er der Ansicht sei, dass die Unzufriedenheit des ehemaligen künstlerischen Leiters auf seinen kühlen Empfang durch die Temeswarer Kulturszene zurückzuführen sei. Man habe ihn nicht besonders freundlich empfangen, dies sei durchaus bekannt. Ansonsten habe auch Torch ein Recht auf freie Meinungsäußerung, das zu respektieren sei. Er wolle nicht gegen ihn polemisieren, zumal er ihm nichts vorzuwerfen habe. Ein bedeutender Teil der Temeswarer Kulturschaffenden habe ihn abgelehnt und ihm das auch klar gemacht. Dies habe ihm sicherlich nicht behagt, so das Fazit des Temeswarer Bürgermeisters.