Kulturpreis 2025 für Hannelore Baier

Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis, die höchste von den Siebenbürger Sachsen vergebene Ehrung für wissenschaftliche und künstlerische Leistungen, wurde für das Jahr 2025 der Journalistin und Historikerin Hannelore Baier zuerkannt. Der Preis wird in feierlichem Rahmen am Pfingstsonntag, dem 8. Juni, während des Heimattages der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl verliehen.

Die heute in Hermannstadt lebende Hannelore Baier wurde 1955 in Schäßburg geboren. Nach dem Abitur an der Bergschule begann sie 1975 ein Studium der Psychologie an der Babeș-Bolyai-Universität Klausenburg, musste dieses aber nach Auflösung der Fachrichtung aufgeben und schloss ihr Studium an der Abteilung Philosophie-Geschichte 1979 mit Diplomprüfung ab.

Nach vier Jahren als Psychologin in der Psychiatrie des Krankenhauses von Sankt Martin/Târnăveni wechselte sie in den Journalismus. Sie war erst Schäßburger Lokalredakteurin der Tageszeitung Neuer Weg (1984-1990), dann bis 2014 Redakteurin der gleichen, als Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien fortgesetzten Zeitung. Ihre Berichterstattungen und historischen Beiträge zeichneten sich durch ihre Objektivität, Zuverlässigkeit und Nüchternheit aus. Nach 1989 engagierte Hannelore Baier sich neben ihrer journalistischen Arbeit im Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien, im Evangelischen Freundeskreis Siebenbürgen e.V. sowie im Dr.-Carl-Wolff-Verein, der das Alten- und Pflegeheim „Dr. Carl Wolff“ in Hermannstadt betreibt.

Nach der Wende konnte sich Hannelore Baier auch der Geschichtswissenschaft widmen und sich als Zeithistorikerin profilieren. Anfang der neunziger Jahre unterstützte sie Renate und Georg Weber bei deren Recherchen nach Dokumenten über die Russlanddeportation. Daraufhin arbeitete sie sich intensiv in die umfangreichen Archivalien zur siebenbürgisch-sächsischen Zeitgeschichte ein, ganz besonders in die Akten des ehemaligen rumänischen Geheimdienstes „Securitate“. Ihre Aufsätze und Buchpublikationen über die Deportation der Rumäniendeutschen in die Sowjetunion haben in mehrfacher Hinsicht Zeichen gesetzt und anregend gewirkt. Sie hat die populäre Sammlung „Russlanddeportierte erinnern sich“ (1992) eingeleitet, die eine Flut von Erinnerungsschriften angeregt hat. 1994 veröffentlichte Hannelore Baier dann als wissenschaftliche Grundlage der Deportationsforschung die Aktendokumentation „Deportarea etnicilor germani din România“ (Die Deportation der Deutschen Rumäniens), wodurch die rumänische Geschichtsschreibung das Problem überhaupt erst wahrgenommen hat.

2005 erschien ihre aufsehenerregende Aktensammlung aus Staats- und Parteiarchiven „Germanii din România 1944-1956“ (Die Deutschen Rumäniens 1944-1956). In „Die Deutschen in Rumänien 1944-1953. Eine Quellensammlung“ versammelte sie 2015 zusammen mit Annemarie Weber alle wesentlichen Dokumente aus den zehn schwierigsten Jahren der neueren rumäniendeutschen Geschichte. 2022 folgte mit „Überwachung und Infiltration“ eine sensible und ausgewogene Dokumentation über den Umgang der kommunistischen Behörden, insbesondere der „Securitate“, mit der Evangelischen Kirche in Rumänien in den Jahren 1945-1969.

Die Bedeutung von Hannelore Baiers kritischer, akribischer und umfangreicher Arbeit für die weitere Erforschung und für das Verständnis der Geschichte der deutschen Minderheit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kann nicht hoch genug geschätzt werden. Sie erhält den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis 2025 am Pfingstsonntag, dem 8. Juni, um 17.00 Uhr in der St.-Paulskirche in Dinkelsbühl. Die Laudatio hält Dr. Konrad Gündisch.