Hermannstadt – Sie alle sind Erwachsene, die grob über den Daumen gerechnet das halbe Leben noch vor sich haben und aus eigener Erfahrung nicht wissen können, wie es sich anfühlt, ganz unbeschwert einmal Kind und Jugendlicher gewesen zu sein. Das einzige, was ihnen vertraut ist? Ein harter Alltag mit angeborener Behinderung. Aber er hält sie nicht davon ab, einander täglich von Neuem zu begegnen und gemeinsam künstlerisch an sich selbst zu arbeiten. Ausdrucksvoll getanzt haben sie schon des Öfteren, und zu malen begonnen haben sie ebenso spätestens im Sommer 2022. Andrea Bernath (Jahrgang 1981) aus Hermannstadt/Sibiu hat Ioana Cătoiu, Dragoș Moldovan, Marius Vinți, Ionuț Floca, Iulia Bercan, Răzvan Ungureanu, Alexandra Calborean, Manuel Blotor, Mihail Bouleanu, Alexandru Ciuntu, Cristina Cătoiu, George Paraschiv, Mădălina Soare, Anca Belașcu, Alex Moldovan, Florian Cazacu und Alin Micu beigebracht, mit Pinsel, Wasserfarben und Ölfarben auf Papier und sogar Leinwand Stillleben zu malen und Materialien zu einfachen Installationen zusammenzufügen. Dienstag-abend, am 13. Dezember, haben die siebzehn künstlerisch bildend sehr aktiv Betreuten des Diakoniewerks Hermannstadt in der Eingangshalle des Rathauses ihre Ausstellung „Fragmente din călătorii“ eröffnet. Lange Reisen zählen nicht zum Betreuungsprogramm, von dem sie seit Jahren profitieren, aber einen weiten Weg haben sie trotzdem zurückgelegt. In einen Workshop entführt hat sie nicht nur Andrea Bernath, sondern Ștefan Dragomir hat ihnen auch das Grundrüstzeug zum Fotografieren mit Spiegelreflexkameras angelegt. Die hellen Töne der Bilder ihrer Ausstellung sprachen unzweideutig für die Freude, die das Lernen von Profis bereitet haben muss. „Ich bin keine Freundin von dunklen Tönen, weswegen ich mich hier sehr wohlgefühlt habe!“, meinte Mihaela Sabău von der Leitstelle des Rathauses für Sozialassistenz.
Auch sportliche Gruppenbetätigung ist den vom Diakoniewerk Betreuten nicht fremd. Daniel Troancă vom Gemeinschaftssport-Klub Hermannstadts erinnert sich gerne an die Übungseinheiten mit ihnen und verspricht, bei nächster Gelegenheit wieder gerne Trainings-Sitzungen anzubieten. Laura Negureanu, Angestellte des eigenständigen Amts für Sozialbetreuung und Kinderschutz, hält große Stücke darauf, dass ihr staatlicher Arbeitgeber schon seit 2006 mit dem Diakoniewerk zusammenarbeitet, und Iulia Teodorescu von den Werkstätten des Astra-Museums ist von der „immensen Kreativität“ der siebzehn Hobby-Künstler mit Behinderung, die in der Rathaus-Eingangshalle von Cristina Costea und Lili Seprödi begleitet wurden, hieb- und stichfest überzeugt. „Ihr Hauptproblem ist die Begrenzung ihrer Möglichkeiten“, erklärte Ärztin Lavinia Duică, Psychotherapeutin des Kreiskrankenhauses. „Hilfe von der Gemeinschaft ist absolut unverzichtbar.“ Dass die Ausstellung „Fragmente din călătorii“ des Diakoniewerks bereits zwei Tage nach ihrer Vernissage wieder aus der Eingangshalle des Rathauses abgebaut wurde, war doch etwas schade. Mindestens eine ganze Woche Zeit hätte man diesen in ehrlicher Arbeit gemalten Bildern vielleicht doch geben können. Die Mutter von Andras Mihai dafür war vom Ereignis begeistert: „Nicht, weil er mein Kind ist, sondern weil es der Gruppe gut tut. Sie wurden bisher so oft marginalisiert, aber das ist heute schon deutlich besser als früher.“