Temeswar (ADZ) – Nachdem sie in Klausenburg/Cluj-Napoca und in Arad von zahlreichen Bürgern ausgebuht wurde, hat Premierministerin Viorica Dăncilă ihren Besuch im Kreis Temesch/Timiş stark eingeschränkt. Die Regierungschefin wurde am Freitag zunächst in Jahrmarkt/Giarmata vom dortigen PSD-Bürgermeister empfangen, doch der Besuch wurde von aus Temeswar angereisten und lautstarken Anti-PSD-Demonstranten gestört. In Begleitung von Finanzminister Eugen Teodorovici und Kulturminister Valer Daniel Breaz besuchte Dăncilă in Jahrmarkt die Baustelle einer Schule, die über das Nationale Programm für Ländliche Entwicklung PNDL finanziert wird. Vor dem Rathaus stellten die Organisatoren Stereo-anlagen auf, in Endlosschleife und in höchster Lautstärke wurde dasselbe Lied gespielt, um die Demonstranten zu übertönen.
Im Anschluss fuhr die Premierministerin nach Temeswar, doch das ursprünglich mitgeteilte Programm musste aufgegeben werden. Dăncilă sollte vor Ort den Beschluss der Regierung mitteilen, selbst das Museum für die 1989er Revolution einzurichten und die alte Stadtkommandantur am Freiheitsplatz/Piaţa Libertăţii dem Kulturministerium zu diesem Zweck zu überlassen. Dazu kam es nicht mehr, Dăncilă wurde direkt in das Erzbischöfliche Palais auf dem Constantin-Diaconovici-Loga-Boulevard gefahren, wo der Banater Metropolit und Temeswarer Erzbischof, Ioan Selejan, ihr die Wunschliste der Bürger und Gläubigen präsentierte. Der Metropolit, Ingenieur im zivilen Berufsleben, sagte nach dem Besuch, dass er mit D²ncil² einen konstruktiven Dialog geführt und er sich für die Belange der Stadt und des Banats eingesetzt habe. Es ging ihm nicht nur um Anliegen der Kirche, sondern auch um Investitionspläne der Gemeinschaft im Allgemeinen, so Metropolit Selejan.
Insgesamt 15 Punkte standen auf seiner Liste, die Premierministerin hörte sich jeden einzelnen an. Es ging um die Mehrzweckhalle, die Regierung und Temescher Kreisrat bei Girok/Giroc bauen wollen, um die Wiederaufnahme der Eisenbahnverbindung ins serbische Werschetz/Vrsac oder die Einführung eines Linienflugs nach Wien. Selbst ein Zwischenstopp in Temeswar des Linienflugs von Bukarest nach Wien dürfte ausreichen, sagte der orthodoxe Geistliche, da somit Ärzte des Wiener AKH direkt in Temeswar operieren und behandeln könnten und der rumänischen Krankenkasse dadurch geringere Kosten entstehen würden. Metropolit Selejan forderte sodann die Premierministerin auf, das Temeswarer Kulturhauptstadt-Jahr stärker zu finanzieren, dies sei für Temeswar von äußerster Wichtigkeit. Die sich gegenwärtig in Vorbereitung befindende Dringlichkeitsverordnung zur Finanzierung des Kulturhauptstadt-Jahrs müsse beschleunigt werden, empfahl der Metropolit.
Ein weiterer Punkt betraf die Erweiterung eines After-School-Projekts im Bildungsbereich, wonach Schüler nach dem Unterricht in der Schule bleiben, eine Mahlzeit erhalten und bei der Durchführung der Hausaufgaben betreut werden. Die Banater Metropolie baue selbst eine Schule, die auch ein solches Angebot führen werde, sagte Selejan, die Regierung müsse überprüfen, ob das Vorhaben nicht auf alle Schulen ausgeweitet werden kann, die über eine Mensa verfügen. Man könne somit wesentlich zur Entlastung der Eltern beitragen.
Er wisse ganz genau, welche Probleme die Menschen in ihrem Alltag hätten und welche die Prioritäten seien, sagte der Metropolit. Er sei informiert, die Bürger, die zu ihm kommen, würden ihm von ihren Anliegen erzählen. Er sei auch gebeten worden, diese Punkte mit der Premierministerin zu besprechen. Auch wenn nur ein einziger umgesetzt werde, habe sich der Besuch der Regierungschefin in der Metropolie gelohnt. Man habe nicht jeden Augenblick die Gelegenheit, mit mehreren Kabinettsmitgliedern zu sprechen und diese auf die regionale und lokale Problematik aufmerksam zu machen, so der Banater Metropolit.
Die Premierministerin sagte, das Gespräch mit Metropolit Ioan Selejan sei sehr nutzbringend gewesen, es habe sich um für Temeswar wichtige Projekte gehandelt sowie die Art und Weise, in der die Regierung diese Projekte unterstützen kann.
Währenddessen demonstrierten einige Bürger vor dem Erzbischöflichen Palais, lautstark warfen sie der Orthodoxen Kirche vor, PSD-Diebe zu unterstützen. Der Metropolit forderte die Demonstrierenden auf, zu verstehen, dass er mit der Regierungsriege nur im Sinne der Gemeinschaft gesprochen habe. Wenn die Protestierenden der Auffassung seien, dass die von ihm vorgetragene Projektliste der Stadt Temeswar schade, dann habe er sich getäuscht und sehe dies ein. Es gehe ihm nicht um Politik, sondern darum, wie der Banater Gemeinschaft in Bereichen wie Bildung, Gesundheit oder Kultur geholfen werden könne.