Hermannstadt - „Vom Park der Stadt (Brăila, d.A.) hoch oben über dem Donauufer sah ich in der Ferne einen eindrucksvollen Gebirgszug aus der flachen Ebene aufragen: Die Berge von Măcin.“ Diese Berge an der Grenze zur Ukraine – die Überreste des mit 1,5 Milliarden Jahren ältesten Gebirges Europas – wollte Horst Pfingsten überqueren und anschließend das östlich davon gelegene Donaudelta bereisen.
Der pensionierte Landarzt aus Deutschland tat dies auch und bereiste die nördliche Dobrudscha, von Tulcea im Norden bis Mangalia im Süden. Während seiner Reise notierte er akribisch seine Erlebnisse, Eindrücke, das Land und seine bunte Bevölkerung, seine Vergangenheit und Gegenwart. Der Hermannstädter Schiller-Verlag veröffentlichte in dieser Woche den aus diesen Aufzeichnungen entstandenen Reisebericht „Dobrudscha. Mit Resi nach Saturn und andere Reisebegebenheiten aus Rumäniens Schwarzmeer-Provinz“.
Pfingsten erweist sich als ein sehr aufmerksamer Beobachter des Landes, das er nach eigener Aussage bereits ein halbes Dutzend Mal bereiste. Schon im Vorwort bekennt der Autor seine Zuneigung zu Rumänien, und untermauert diese mit einer lebendigen Beschreibung der Vorzüge des Landes, die mit potenziellen Vorurteilen der vermutlich überwiegend im Ausland erwarteten Leserschaft aufräumt. Man ist geneigt, sich einmal durch die Krankenakten des Allgemeinarztes Dr. Pfingsten zu lesen. Dafür, dass er bislang nicht durch schriftstellerische Aktivität auffiel, überzeugt sein lebensnaher, bildreicher Schreibstil.
Die Dobrudscha ist ein vielschichtiger, geschichtsträchtiger Landstrich, und Pfingsten versucht, viele Fazetten davon zu entdecken und festzuhalten. Seine Reise beginnt im Örtchen Mihai Kogălniceanu (früher Caramurat) mit seinem von Carpat Air angeflogenen Flughafen und endet auch wieder dort. Von hier reist er quer durch die Dobrudscha bis ins Donaudelta und in die Badeorte im Süden. Auf dem Weg isst er bei einer Fischerfamilie Scordalea (trad. Fischgericht) in Sfântu Gheorghe, begegnet auf einer Wanderung durch die Pricopan-Berge einer Maurischen Landschildkröte, sucht und findet Sehenswürdigkeiten wie die Kirche des Heiligen Atanasius in Niculiţel und trifft in Konstanza/Constanţa im Zugabteil auf Resi, eine Schwäbin aus Nitzkydorf/Niţchidorf, die zum „tratament“ nach Saturn reist.
Leider verliert sich Pfingsten im Schreibfluss an einigen Stellen in nebensächlichen Details, es scheint, als wolle er ein wahrhaft minutiöses Reisetagebuch schreiben. Eine Stärke des Buches sind dagegen seine gut recherchierten Hintergrundinformationen. Pfingsten hat sich offensichtlich vor, während und nach seiner Reise durch eine Reihe von Büchern gelesen, aus denen er immer wieder zitiert und deren Lektüre er dem Leser empfiehlt.
Ein Verzeichnis der deutschsprachigen Dobrudscha-Literatur findet sich im Anhang sowie ein Stichwortverzeichnis, in dem der Autor bestimmte Begriffe lexikonartig erläutert. Einige bildliche Eindrücke der Reise findet der Leser auf Fotos im Mittelteil des Buches.
„Dobrudscha“ ist kein Reiseführer im klassischen Sinn, eher ein literarischer Reisebegleiter im Stile der „Siebenbürgischen Reise“ von Joachim Gremm, die ebenfalls im Schiller-Verlag erschien. Wer die Dobrudscha bereisen möchte, der kann dieses Buch bedenkenlos als Unterwegslektüre einpacken. Gerade, wenn man wenig Rumänienerfahrung mitbringt, nimmt Pfingsten den Leser an die Hand.
Das 191-seitige Buch (ISBN: 978-3941271746) ist als Hardcover erschienen. Es kann in den deutschsprachigen Buchhandlungen zum Preis von 49 Lei erworben werden.