Neuer Sitz für die Nadrager Suppenküche

Interessengemeinschaft aus Münster unterstützt Sozialprojekt in Westrumänien

Der römisch-katholische Pfarrer Josef Hollschwandtner segnete den neuen Sitz der Caritas-Suppenküche für Senioren in Nadrag. Fotos: Fritz Heudtlaß

Caritas-Geschäftsführer Herbert Grün und der Initiator der Interessengemeinschaft „Hilfe für Nadrag“, Bernhard Balsliemke, schauen sich den neuen Sitz der Kantine an.

Temeswar - Die Suppenküche in Nadrag/Nădrag im Kreis Temesch/Timiș, ein bedeutendes Sozialprojekt der Caritas Temeswar/Timișoara, ist in ein neues Haus gezogen. Der Umzug, der bereits im Spätherbst 2023 stattgefunden hatte, wurde vor etwa einer Woche feierlich begangen, als zwei Vertreter der Interessengemeinschaft „Hilfe für Nadrag“ aus Münster in Deutschland, der Hauptfinanzierer des Projekts, ins Banater Bergland gereist waren. In Anwesenheit von Initiator Bernhard Balsliemke und Fritz Heudtlaß, zwei Freunde, die die Caritas-Sozialstation seit Jahren unterstützen, aber auch von Caritas-Geschäftsführer Herbert Grün wurde der neue Sitz der Suppenküche vom römisch-katholischen Ortspfarrer Josef Hollschwandtner gesegnet. Anwesend waren auch an die 15 Männer und Frauen, ältere Menschen, die Essen von der Caritas-Kantine bekommen. Bei Kaffee und Kuchen konnten sich die Senioren zusammensetzen und austauschen – eine Gelegenheit, die sich ihnen nur äußerst selten bietet.

Der Bergort Nadrag, eingebettet in eine malerische Berglandschaft, bietet jungen Menschen nur wenige Perspektiven. Nach der Schließung des Hüttenwerks „Ciocanul“, einst der wichtigste Arbeitgeber im Ort, verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage vor Ort erheblich. Viele junge Leute verließen die Ortschaft auf der Suche nach Arbeit, entweder in Richtung Städte oder ins Ausland, was zur allmählichen Entvölkerung des einst deutsch geprägten Bergdorfs führte. Heute ist Nadrag eine deutlich kleinere Gemeinde. Die Bevölkerung ist stark geschrumpft und besteht überwiegend aus älteren Menschen. Aktuell leben in Nadrag weniger als 3000 Menschen, von denen nur eine kleine Anzahl deutschstämmig ist. Die Gemeinde hat sich trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen ihre traditionelle und ruhige Atmosphäre bewahrt, auch wenn das touristische Potenzial der Gegend nach wie vor unterschätzt wird. Es gibt in der idyllischen Ortschaft nur eine einzige Pizzeria, die wenige Unterkunftsmöglichkeiten bietet, aber auch einen ausgezeichneten Abenteuerpark, für den kaum jemand wirbt. Die meisten Bewohner von Nadrag gehören der älteren Generation an. Für die Bedürftigen unter diesen Menschen gibt es seit 21 Jahren Unterstützung durch die Senioren-Suppenküche der Caritas, die täglich 65 ältere Menschen mit einer warmen Mahlzeit versorgt.

Die Initiative zur Gründung der Senioren-Suppenküche ging von der Interessengemeinschaft „Hilfe für Nadrag“ aus Münster unter der Leitung von Bernhard Balsliemke aus. Ende der 1990er Jahre besuchte Bernhard Balsliemke Westrumänien und erkannte den dringenden Hilfsbedarf vor Ort. Über den römisch-katholischen Ortspfarrer Josef Hollschwandtner, der übrigens im vergangenen Jahr sein goldenes Priesterjubiläum feierte, kam Bernhard Balsliemke 2001 auch nach Nadrag, um Lebensmittelpakete an besonders Bedürftige zu verteilen. Der Deutsche war von der schwierigen Lage vor Ort sehr betroffen und wollte sich mehr einbringen. Zwei Jahre später, 2003, konnte mit Unterstützung des Caritasverbands der Römisch-Katholischen Diözese Temeswar/Timi{oara und der Nadrager Kommunalverwaltung die Suppenküche für damals 15 Seniorinnen und Senioren eröffnet werden. Die Sozialstation war bis voriges Jahr in einem Gebäude untergebracht, das früher als Kinderkrippe diente. Zusätzlich wurde dort auch eine Suppenküche für Kinder eingerichtet. Da aber die Gemeindeverwaltung ein anderes Sozialprojekt in der einstigen Kinderkrippe unterbringen wollte, musste die Suppenküche ins Gemeindezentrum umziehen – dort, wo früher das Rathaus im Betrieb war.

Umzüge sind immer umständlich, doch die Senioren-Suppenküche lässt sich sehen. Vor Ort wird das Sozialprojekt von Chefköchin Timeea Bujor geleitet. Insgesamt sorgen zwei Köchinnen und zwei Aushilfsmitarbeiterinnen dafür, dass die 65 Nutznießer des Projekts von Montag bis Freitag ein warmes Mittagessen bekommen. Ab und zu bekommen die Senioren auch Konserven oder andere Lebensmittel, meist solche, die länger haltbar sind. Der Nadrager Marius Hu]anu, dessen Familie von Anfang an beim Nadrager Sozialprojekt engagiert war, liefert das Essen an einen Teil der Nutznießer nach Hause, die übrigen holen ihre Mahlzeit selbst von der Kantine ab. 

375, 400, 407, 719: Das sind Monatsrenten, die einige der Senioren, die Essen von der Caritas-Suppenküche beziehen, vom rumänischen Staat bekommen. Eins ist sicher: Mit diesem Geld ist ein menschenwürdiges Leben nicht möglich, umso weniger, wenn man alt und krank ist. Ohne das Essen, das ihnen die Caritas kostenlos zur Verfügung stellt, könnten diese Menschen nicht überleben. Die Situation ist in einigen Fällen besonders tragisch: Drei der Senioren haben nämlich gar kein Monatseinkommen. Fakt ist, dass einige dieser Menschen ohne das Essen, das sie von dort bekommen, nicht überleben würden. Die meisten Nadrager, die auf der Caritas-Liste stehen, sind um die 70 Jahre alt, doch es gibt auch ältere, 79, 81 oder beispielsweise 85 Jahre alt. Die älteste Seniorin ist 89, verrät Caritas-Geschäftsführer Herbert Grün. Die meisten dieser Menschen leben allein – es ist also schon wichtig, dass einmal am Tag jemand vorbeischaut, wie es Marius Huțanu tut.

Die Bedeutung einer Sozialeinrichtung, wie es die Caritas-Suppenküche für Senioren ist, ist für die westrumänische Ortschaft Nadrag riesig. Dies haben auch die etwa 200 Firmen und Privatpersonen aus Deutschland verstanden, die die Interessengemeinschaft „Hilfe für Nadrag“ unterstützen. Bernhard Balsliemke macht sich nach wie vor dafür stark, dass die Suppenküche weiterbestehen kann. Die Einrichtung bedeutet für die Senioren mehr als nur eine warme Mahlzeit pro Tag. Sie gibt den bedürftigen Menschen aus Nadrag zugleich das Gefühl, dass sie in der Not nicht allein gelassen sind.