Temeswar (ADZ) – Nachdem vergangene Woche Informationen veröffentlicht wurden, wonach der Vorstand des Temeswarer Kulturhauptstadt-Vereins bereits am 4. Juni die Entlassung der umstrittenen Direktorin Simona Neumann beschlossen haben soll und Kulturminister Bogdan Gheorghiu, der Kreisratsvorsitzende Alin Nica und Bürgermeister Dominic Fritz in einem gemeinsamen Brief an die Europäische Kommission ihr Misstrauen gegenüber Neumann und dem Verein bekundet haben, bleibt die Direktorin vorerst im Amt. Am Freitag fand die Vollversammlung des Vereins statt, der Temeswarer Bürgermeister stellte unmissverständlich fest, dass die Bürger dem Verein nicht mehr vertrauen und dass dieser deshalb keine Legitimität mehr habe. Der Verein besitze kein Monopol auf das 2023 umzusetzende Kulturhauptstadt-Programm, dieses werde von der Stadtverwaltung geplant und durchgeführt. Der Verein allerdings werde nicht mehr der alleinige Koordinator des Kulturhauptstadt-Projekts sein. Ähnlich wollte auch Bürgermeister Nicolae Robu im Sommer 2020, als er, nach Querelen mit Vereinsdirektorin Neumann und der ständigen Auseinandersetzungen im Vorstand satt geworden, den Verein quasi auflösen und dessen Kompetenzen den Abteilungen des Bürgermeisteramtes zuweisen wollte.
Nun sagt Fritz, dass man im Rathaus in den vergangenen Monaten ein Konzept auf die Beine gestellt habe, das Erfolg verspreche. Der Kulturhauptstadt-Verein könne ab nun Projektgelder beantragen, das Projekte-Zentrum des Bürgermeisteramtes werde die Anträge prüfen und genehmigen. Anfang dieser Woche wurde eine neue Antragsrunde ausgeschrieben, 4 Millionen Lei stellt dieses Mal die Stadt zur Verfügung. Es sei die bisher dritte Ausschreibung, die vom Projekte-Zentrum betreut werde, heuer soll das Zentrum Finanzierungen im Gesamtwert von 9 Millionen Lei genehmigen.
Bürgermeister Fritz hatte dann Anfang der Woche ein Treffen mit mehreren Temeswarer Kulturschaffenden, Schriftsteller, Künstler und Schauspieler, aber auch Leiter von öffentlichen Kulturinstitutionen waren dabei. Man habe sich offen und des immensen Zeitdrucks bewusst ausgetauscht, schlussfolgerte Fritz nach dem Gespräch. Nicht mehr als ein Jahr bleibe übrig, um das Kulturhauptstadt-Programm doch noch auf die Beine zu bekommen, fünf Jahre habe man vergeudet. Er habe aber mit Genugtuung festgestellt, dass die Temeswarer Kultur lebendig, tatbereit und sich der einmaligen Chance bewusst sei, die das Jahr 2023 biete.
Am Dienstag meldete sich der ehemalige Bürgermeister Robu erneut zu Wort, der – trotz der bereits erwähnten Auseinandersetzungen mit Neumann – nun diese vor der Kritik des Amtsinhabers in Schutz und jene Intellektuelle an die Kandare nahm, die sich 2020 für Fritz aussprachen und für Robus Ablösung warben. Den gegenwärtigen Bürgermeister könne er gar nicht als solchen bezeichnen, da er illegal an die Macht gekommen sei, schrieb Robu. Aber er könne nicht zulassen, dass die gesamte Arbeit, die er, sein Vize Dan Diaconu sowie Neumann und ihr Team geleistet hätten, nun in den Dreck gezogen werde. Es sei Neumanns Verdienst, dass die Stadt den Titel zugesprochen bekommen hat, man habe in all den Jahren vieles geleistet. Auch gäbe es in der Stadt genug Intellektuelle und Kulturschaffende, die man fördern müsste. Andererseits würde es aber auch einige miese Kerle geben, wie Vasile Popovici, Marcel Tolcea und Daniel Vighi, das seien allein an Geld interessierte Gauner.
Auf Robus Attacke reagierten zunächst Popovici und Vighi, die es auf die leichte Schulter nahmen. Wenn Robu, bekannterweise ein Freund von Unterweltgestalten wie Ionu] Nasleu, so etwas über sie sagt, sollten sie sich eigentlich geehrt fühlen. Der Mann habe die Kontrolle über sich selbst verloren und sei wirklichkeitsfremd. Zahlreiche Vertreter des Temeswarer Kulturlebens, darunter Mircea Mih²ie{ und Adriana Babe]i, aber auch der international anerkannte Schriftsteller Mircea Cărtărescu und der Dekan der Bukarester Fakultät für Politikwissenschaften, Cristian Preda reagierten und äußerten sich. Preda fragte sich, was wohl die PNL-Führung davon hält, dass ein liberaler Politiker Intellektuelle derart beleidigt, nur weil sie nicht dessen Meinungen teilen.