Als auf der hellen Leinwand im düsteren Pfarrgarten der Filmtitel NOSFERATO erschien – umrahmt von der beleuchteten Silhouette der malerischern Kirchenburg –, als die eigenartigen Klänge des Quartetts EINUIEA dem Stummfilm Leben verliehen und das Publikum der zauberhaften Atmosphäre verfiel, da wussten die Veranstalter: die Wahl Birthälms als Austragungsort war ideal gewesen!
Die Idee, ein Filmfestival für Liebhaber des Horror- und Fantastic-Films auf die Beine zu stellen, hatte schon lange in der Luft gelegen. Ausgeführt wurde sie von den Organisatoren des TIFF, des Internationalen Filmfestivals Transilvania, das seit rund einem Jahrzehnt die Stadt Klausenburg zu einem Treffpunkt der internationalen Filmwelt gemacht hat. Nachdem kürzlich auch Hermannstadt dem TIFF angeschlossen wurde, kam die Idee auf, sich an einem Filmfestival im ländlichen Raum zu versuchen. Ausländische und einheimische Filmfreunde hatten schon lange gebohrt: Ihr habt Transsilvanien, ihr habt ein ideales Potenzial, auf was wartet ihr noch? Filmregisseur Tudor Giurgiu, die Vorsitzende des Vereins zur Förderung des rumänischen Films Oana Giurgiu und Filmkritiker Mihai Chirilov nahmen die Anregung an und arbeiteten ein Projekt aus.
Tudor Giurgiu hatte eine positive Erfahrung aus Kroatien mitgebracht und machte sich auf die Suche. Sein Vorschlag Birthälm gefiel allen auf Anhieb. „Zwar sind von dem ehemaligen sächsischen Dorfleben nur noch Spuren übriggeblieben, aber etwas von dem alten Charme und Parfüm hat sich noch erhalten“, sagte Tudor Giurgiu in einem Gespräch. Wie der Ort vereinnahmt wurde? Mit viel Geschick und ausschließlich eigenen Kräften. TIFF verfügt inzwischen über eine beträchtliche Truppe von Volontären, denen keine Arbeit zu viel ist. Sie bauten auf und bauten ab, ohne dass der übliche Lärm und Müll das Alltagsleben der Birthälmer irgendwie gestört hätte.
Die Birthälmer wussten eigentlich nicht, was ihnen geschah. Während im Internet, in verschiedenen Städten und auf den Landstraßen fleißig Reklame gemacht worden war für ein Filmfestival mit dem Titel LUNA PLINĂ (Vollmond), hatte man auf die Einheimischen vergessen. Sie schüttelten bloß ratlos die Köpfe, wenn man sie nach dem VERTIGO-Kino oder dem MELIES-Garten fragte.
Vielleicht auch, weil es keinem eingefallen war, seine Hilfe anzubieten, obwohl diese gefragt war... Aber die fremden Volontäre schafften alles spielend. Der alte Ballsaal im ehemaligen Hotel STERN (im Kommunismus aufgelöst und in ein Kulturheim umgewandelt) wurde ausgemistet und vom Klamottengeruch befreit. Er erhielt den Namen KARLOFF, zur Erinnerung an den Frankenstein-Darsteller von 1933. Der weitläufige Garten hinter dem evangelischen Pfarrhaus sollte an den Vater des fantastischen Films von 1880 G. MELIES gemahnen, während das VERTIGO-Kino in der Grundschule am Dorfrand den Hitchcock-Film nennt, der kürzlich zum weltbesten erklärt wurde. Bestimmt haben sich mehrere gefragt, warum gerade Horror in so einem malerischen und geschichtsträchtigen Ort?
Tudor Giurgiu und sein Team haben eine Antwort darauf. Sie wissen genau, dass die Zeit für so ein Festival reif war, zu viele Nachfragen waren aufgetaucht. Und es war sehr wichtig, so ein Projekt nicht unbefugten Händen zu überlassen. Lieber selbst Initiative ergreifen und die Kontrolle behalten. Und Birthälm ist die ideale Kulisse dafür.
Diese erste Ausgabe gilt als Pilotptojekt, um die Idee und das Publikum zu testen. Die Auswahl bestand vor allem an neueren Filmen des Genres aus den Jahren 2010-2012, viele davon zum ersten Mal in Rumänien gezeigt. Es gab Vorstellungen über den ganzen Tag verteilt, die großen Filme waren abends dran, darunter zwei Jahrestage: 90 Jahre seit der Premiere von Murnaus Meisterwerk „Nosferato“ (der erste bedeutende Horrorfilm in der Geschichte) sowie 30 Jahre seit John Carpenters Remake von H. Hawks „The thing“, einem bedeutenden USA-Werk dieses Genres. Ein weitererKultfilm kam aus England und war Jim Sharmans „The rocky horror picture show“ von 1975, ein klassischer SF-Film.
Wenn das Filmangebot die erste Überraschung war, so war das Publikum die zweite. Hunderte von Jugendlichen aus den entferntesten Ecken des Landes (Maramuresch, Jassy/Iaşi, Bukarest, Klausenburg/Cluj, Piteşti usw.) hatten sich aufgemacht, um sich dieses Festival nicht entgehen zu lassen. Es wurden viel mehr Karten verkauft, als man gehofft hatte. Die jungen Leute bevölkerten die Hotels, Herbergen und Pensionen sowie den neueingerichteten Campingplatz zwischen den Fußballtoren. Sie fanden das Festival super, wenn auch etwas zu brav für ihren Geschmack.
Für die Dorfkinder gab eine Show mit Kinderfilmen, für Interessierte eine Ausstellung mit Horrorkostümen und verschiedene Workshops. Als bleibende Spur wurde die vergammelte Fassade des Dorfambulatoriums in Ordnung gebracht. Während des Festivals war das Dorfzentrum wieder ein Marktplatz mit vielerlei Angeboten. Es gab Andenken verschiedener Art, Honig und Lebkuchen, Käse, Marmelade und Getränke zum Mitnehmen. Besonderen Zuspruchs erfreute sich der Stand der Birthälmer Hausfrauen, wo der köstliche Rhabarberkuchen sogar zum Mitnehmen verpackt wurde...